München (Reuters) - Die Vorstandschefs der meisten Dax-Konzerne bekommen die Corona-Krise in der eigenen Geldbörse zu spüren.

Vor allem bei den kurz- und langfristigen Boni mussten die Top-Manager der wichtigsten börsennotierten Firmen in Deutschland im vergangenen Jahr Abstriche machen, wie aus einer Analyse der Frankfurter Vergütungsberatung hkp hervorgeht. Im Durchschnitt brachen die Gehälter um 28 Prozent auf 5,3 (2019: 7,4) Millionen Euro ein, während die Gewinne der Großkonzerne um 45 Prozent schrumpften. Das sei der größte Rückgang seit der Finanzkrise 2009, sagte hkp-Partner Michael Kramarsch. Allerdings ist der Vergleich verzerrt, weil das Gehalt von Linde-Chef Steve Angel noch nicht bekannt ist. Er war 2019 mit 43 Millionen Euro der unangefochtene Top-Verdiener unter den 30 Dax-Chefs. Aber auch ohne Angel fiel das Durchschnittsgehalt zehn Prozent geringer aus.

2020 führt zum ersten Mal Deutsche-Post-Chef Frank Appel die Gehalts-Rangliste an. Mit 10,03 Millionen Euro ist er der einzige Vorstandschef im Dax, der im vergangenen Jahr ein zweistelliges Millionengehalt bekam. Ein Jahr zuvor waren es drei. Der Logistik-Konzern war einer der großen Krisengewinner, weil ihr der Online-Handel angesichts geschlossener Läden einen Paket-Boom bescherte - und Appel einen deutlich höheren Jahres-Bonus. Siemens-Vorstandschef Joe Kaeser lag mit 9,27 Millionen Euro kurz vor seinem Abschied auf Platz zwei.

Während die Grundgehälter praktisch stabil blieben, fielen die Jahresboni 38 Prozent niedriger aus als 2019, die Langfrist-Vergütungen - meist in Form von Aktien - sanken um 41 Prozent. Das höchste Fixgehalt unter den Dax-Chefs bekommt Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing (3,12 Millionen Euro). Erstmals seit 2006, seit börsennotierte Konzerne die Vorstandsgehälter ausweisen müssen, hätten die Firmenchefs im Dax im Schnitt die Ziele verfehlt, sagte Kramarsch. Die ausgezahlten Vergütungen lägen unter den Zielwerten, die die Unternehmen angeben müssen. Bei den Langfrist-Boni dürften die Konzernlenker die Corona-Delle noch für ein bis zwei Jahre zu spüren bekommen.

MEHR ALS 71 MILLIONEN FÜR DEN TEAMVIEWER-CHEF

Acht Vorstandschefs verzichteten in der Krise auf Teile des Gehalts oder auf Boni. SAP und Adidas glichen die Einbußen für Christian Klein (1,1 Millionen Euro) und Kasper Rorsted (571.000 Euro) aber mit Sonderboni wenigstens teilweise aus. "Es ist erstaunlich, wie wenig auf solche Sondermaßnahmen zurückgegriffen wurde", sagte Regine Siepmann, die die Studie mitverfasst hat. Dies liege wohl auch daran, dass sich der Aufsichtsrat nicht auf der Hauptversammlung dafür rechtfertigen wolle. Das sei ein Zeichen, dass die Verknüpfung der Gehälter mit den Gewinnen ("Pay per performance") funktioniere.

Den größten Scheck unter den Dax-Chefs überhaupt bekam die Kurzzeit-Chefin von SAP: 15 Millionen Euro Abfindung zahlte ihr der Softwareriese nach gut einem halben Jahr im Amt, weil ihr Vertrag als Co-Vorstandschefin noch bis 2025 gelaufen wäre. Die bestbezahlten Manager finde man aber immer öfter außerhalb des Dax, etwa bei erfolgreichen Start-ups, sagte Kramarsch. TeamViewer-Chef Oliver Steil bekam für 2020 mehr als 71 Millionen Euro, den Löwenanteil allerdings vom Großaktionär Permira für den erfolgreichen Börsengang 2019 des schwäbischen Softwareunternehmens.