PALO ALTO (dpa-AFX) - Für manch eine Firma und deren Anleger wäre der erste Jahresgewinn sicher ein Erfolg - doch nicht beim Elektroautobauer Tesla: Unter den Aktionären und Analysten dort überwiegt der Unmut darüber, dass das Schlussquartal im vom Coronavirus geplagten Jahr 2020 nicht so prickelnd verlaufen ist wie erhofft. Das hat auch Auswirkungen auf den Börsenkurs - und ließ den sonst extrovertierten Tesla-Chef Elon Musk leisere Töne anstimmen. Was bei Tesla los ist, was die Analysten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI TESLA:

Trotz der Corona-Pandemie hat es Tesla 2020 geschafft, den ersten Jahresgewinn vorzuweisen. Das jedoch konnte Anleger und Experten nicht besänftigen, die das schwache vierte Quartal des Jahres quittierten. Nach einer beispiellosen Rally in den vergangenen Monaten brach der Kurs der Tesla-Aktie Anfang Februar um ein Drittel ein. Erst in den vergangenen Tagen ging es wieder leicht bergauf.

Dabei sehen die Zahlen keineswegs mau aus: Das sechste Quartal in Folge konnte Tesla schwarze Zahlen präsentieren. Auf Jahressicht erreichte das Unternehmen von Tech-Milliardär Elon Musk einen Überschuss von 721 Millionen Dollar (604,1 Mio Euro) nach einem Verlust von 862 Millionen Dollar (722,3 Mio Euro) im Vorjahr. Die Erlöse kletterten um 28 Prozent auf 31,5 Milliarden Dollar.

Anleger interessierten sich aber wohl eher für den kleiner als erwartet ausgefallenen Gewinn des Schlussquartals - und das, obwohl der Umsatz um 46 Prozent auf 10,7 Milliarden Euro schoss. Auch das vage Auslieferungsziel für 2021 nahmen die Aktionäre Tesla übel: Statt einer konkreten Zielmarke erklärte Musk dieses Mal, dass eine Wachstumsrate von 50 Prozent angestrebt werde. Statt 500 000 sollen es also in diesem Jahr rund 750 000 Wagen werden.

Helfen soll dabei die neue Fabrik in Deutschland: Musk hält weiter an seinen Plänen fest und will ab Juli in Grünheide bei Berlin produzieren. Zunächst sollen jährlich 500 000 Exemplare der Modelle 3 und Y dort angefertigt werden. Tesla-Chef Musk will auf dem Gelände auch die weltgrößte Batteriefabrik errichten. Bisher produziert Tesla Batterien in Nevada, während im Stammwerk im kalifornischen Fremont der Großteil der Fahrzeuge gebaut wird.

Eine abschließende umweltrechtliche Genehmigung für die Fabrik muss das Land Brandenburg aber noch erteilen - das könnte sich Ende des Monats oder Anfang Mai entscheiden. Naturschützer und Anwohner befürchten hingegen, dass die Autofabrik negative Folgen für die Umwelt hat. Sie sehen vor allem das Trinkwasser und geschützte Tiere wie Zauneidechsen und Schlingnattern in Gefahr.

Unterdessen machte Tesla Anfang Februar bekannt, schon bald die älteste Kryptowährung Bitcoin bei Käufen von Autos und anderen Produkten akzeptieren zu wollen. Zudem habe der Konzern Bitcoins im Wert von insgesamt 1,5 Milliarden Dollar (1,26 Mrd Euro) gekauft. Im Rahmen einer neuen Unternehmensrichtlinie wurde beschlossen, dass Tesla künftig auch in digitale Vermögenswerte sowie in Gold und weitere noch nicht näher definierte Finanzanlagen investieren kann. Daraufhin sprang der Bitcoin-Kurs auf ein Rekordhoch.

Musk gilt als Verfechter von Kryptowährungen: Wenn herkömmliche Währungen mit negativen Realzinsen belegt seien, würde sich nur ein Narr nicht anderweitig umschauen, schrieb Musk und erklärte damit, warum Kryptowährungen aus seiner Sicht traditionellen Währungen vorzuziehen seien.

Er umschrieb damit den Verlust, den viele Anleger angesichts extrem niedriger Zinsen und unter Berücksichtigung der Inflation derzeit hinzunehmen haben. Damit schließt er wohl auch sein Unternehmen Tesla oder auch den von Twitter-Chef Jack Dorsey mitgegründeten und geführten US-Bezahldienst Square mit ein. Dieser hatte zuletzt für 170 Millionen Dollar rund 3318 Bitcoins gekauft.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Trotz des Höhenflugs der Aktie sind immer noch viele Analysten optimistisch: Eine knappe Mehrheit von 15 aus 41 Experten, die von Bloomberg zu dem Unternehmen erfasst werden, rät zum Kauf von Tesla-Aktien. 14 Stimmen empfehlen das Halten und 12 sind eher einem Verkauf zugeneigt. Mit derzeit etwas mehr als 700 Dollar hat der Kurs das durchschnittliche Ziel von rund 650 Dollar derzeit mal wieder hinter sich gelassen. Die Kursziele weisen dabei eine ungewöhnlich hohe Spanne von 135 Dollar (JPMorgan) bis 1200 Dollar (Piper Sandler & Co) auf.

Die jüngsten Analystenstimmen zeichnen ein eher vorsichtiges Bild: Zuletzt mehrten sich die Stimmen, Tesla habe sich im Schlussquartal 2020 schlechter als erwartet entwickelt. So bemängelte etwa Brian Johnson von der britischen Bank Barclays, bei den Bruttomargen seien die Erwartungen verfehlt worden. Zudem seien die Aussagen zu den Auslieferungen in diesem Jahr "schwammig", der Markt habe sich präzisere Prognosen erhofft. Auch Ryan Brinkman von der US-Bank JPMorgan zeigte sich enttäuscht.

Und für die NordLB steht indes fest: "Die exorbitante Kursentwicklung der Tesla-Aktie, die das Unternehmen teilweise teurer machte als alle europäischen, amerikanischen und japanischen Automobil-Hersteller zusammen, betrachten wir als massiv überzogen", sagte Analyst Frank Schwope.

Und selbst die neutral eingestellten Experten hatten sich vom vierten Quartal mehr erhofft. Der Autobauer habe mit dem Gewinn je Aktie die Erwartungen verfehlt, sagte etwa Credit-Suisse-Analyst Dan Levy. Er sprach daher von einem nach längerer Zeit wieder wahrhaft negativen Zwischenbericht. Abbringen ließ er sich aber nicht: Die langfristige Wachstumsfantasie sollte die hohe Bewertung der Aktien aber weiter stützen. Joseph Spak vom Analysehaus RBC hob hingegen den überraschend starken freien Mittelzufluss hervor.

DAS MACHT DIE AKTIE

Bis Ende Januar war die Tesla-Aktie von einem Hoch zum anderen geeilt. Am 25. Januar kostete sie zeitweise sogar etwas mehr als 900 US-Dollar. Weiter bergauf ging es dann aber nicht mehr, denn seit Februar kennt der Kurs vor allem den Weg nach unten. Dabei verlor die Aktie bis Anfang März 40 Prozent, ehe es zuletzt wieder langsam etwas bergauf ging. Zuletzt kostete die Aktie etwas mehr als 700 Dollar und damit rund ein Fünftel weniger als Ende Januar.

Trotz der jüngsten Einbußen verliefen die vergangenen Monate und Jahre für Tesla-Investoren höchst erfolgreich. So stieg der Kurs seit Mitte März 2020 um rund 550 Prozent - und auf fünf Jahre gesehen sind es sogar rund 1600 Prozent. Damit hängte der US-Autobauer die deutsche Konkurrenz am Kapitalmarkt deutlich ab, auch wenn diese zuletzt etwas aufholen konnte.

Tesla ist derzeit an der Börse knapp 680 Milliarden Dollar oder umgerechnet rund 570 Milliarden Euro wert und ist damit an der Börse weltweit der wertvollste Autohersteller. Zum Vergleich: Die drei deutschen Hersteller Volkswagen (114 Mrd Euro), Daimler (75 Mrd Euro) und BMW (50 Mrd Euro) kommen zusammen auf nicht einmal die Hälfte. Und auch die US-Konkurrenz lässt der Elektroautobauer hinter sich: General Motors bringt es auf 84 Milliarden Dollar, Ford auf 53 Milliarden Dollar.

Unterdessen gestaltet Firmenchef Musk mit seinen Äußerungen auch andere Kursentwicklungen: Der ohnehin davor hochspekulierte Dogecoin legte nach mehreren Tweets von Musk in den darauffolgenden Tagen um knapp zwei Drittel an Wert zu und profitiert nach wie vor von dessen regelmäßigen Äußerungen. Und mit der Entscheidung Teslas, Bitcoins im Wert von 1,5 Milliarden Dollar zu erwerben und diese auch als Zahlungsmittel zu akzeptieren, katapultierte sich die Kryptowährung nach oben./ngu/zb/eas