FRANKFURT (dpa-AFX) - Bankenpräsident Christian Sewing hat nach den Milliardenhilfen in der Pandemie die Rückkehr zu mehr Privatwirtschaft angemahnt. "Staatsgeld war als Akutmedizin für die Wirtschaft während der Pandemie richtig, darf aber nicht zur Droge werden", sagte der Deutsche-Bank-Chef in seiner Funktion als Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Donnerstag). "Wir müssen zusammen wieder zu mehr privatwirtschaftlichen Lösungen zurückfinden. Deswegen sind auch unsere Forderungen nach einer Kapitalmarktunion, nach Wettbewerb, nach mehr Privatkapital so wichtig."

Mit einer Welle an Firmenpleiten infolge der Corona-Krise rechnet Sewing nicht: "Wir werden sicherlich mehr Insolvenzen sehen, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass es zu keiner großen Welle kommt. Denn der Staat hat in der Pandemie schnell reagiert, und die Banken haben dabei geholfen und ihre Kunden möglichst gut unterstützt."

Sewing, der seit dem 1. Juli als BdB-Präsident amtiert, bekräftigte seine Forderung nach Fortschritten bei der Vereinheitlichung der Kapitalmärkte in Europa. "Jetzt müssen wir es durchfechten", sagte er. "Wir wissen auch, dass die Kapitalmarktunion ein Projekt ist, was noch einige Jahre dauern wird. Deswegen ist es so wichtig, dass wir über Zwischenschritte wie beispielsweise mehr Verbriefungen nachdenken, damit wir das überbrücken können."

Bei der Kapitalmarktunion geht es im Kern darum, bürokratische Hürden zwischen den einzelnen EU-Staaten abzubauen, um Unternehmen mehr Möglichkeiten zu geben, sich Geld zu beschaffen. Verbraucher sollen zudem mehr Möglichkeiten für grenzüberschreitende Geldanlagen bekommen. Kredite und Finanzierungen werden in Europa - im Gegensatz zu den USA - hauptsächlich von Banken vergeben. Pläne der EU-Kommission für eine Kapitalmarktunion liegen seit September 2015 auf dem Tisch, doch die Umsetzung stockt./ben/DP/stk