HEIDELBERG (dpa-AFX) - Der scheidende HeidelbergCement-Chef Bernd Scheifele wird den Baustoffkonzern seinem Nachfolger Dominik von Achten Anfang Februar aufgeräumt übergeben. Nach einem enttäuschenden Vorjahr brachte Scheifele den Baustoffkonzern mit Sparmaßnahmen, Verkäufen von Unternehmensteilen und Preiserhöhungen auf Vordermann. Dies spiegelt sich auch im Aktienkurs wieder - das Papier verteuerte sich seit Anfang des Jahres um rund ein Viertel. Was im Unternehmen los ist, was die Aktie macht und was Experten dazu sagen.

DAS IST LOS BEI HEIDELBERGCEMENT:

Das Wetter spielt für die Bauindustrie, zu der auch Baustoffkonzerne wie HeidelbergCement zählen, eine große Rolle. 2018 lief es für HeidelbergCement nicht rund. Vor allem das schlechte Wetter in den USA machte dem Unternehmen, das zu den weltweit größten Zementherstellern gehört, einen Strich durch die Rechnung. Hinzu kamen ein hoher Preisdruck wegen einer starken Konkurrenz im Indonesien-Geschäft, unerwartet hohe Energiekosten sowie ungünstige Wechselkurse in Schwellenländern.

Um den Baustoffkonzern profitabler zu machen, hatte Unternehmenschef Bernd Scheifele vor einem Jahr ein neues Sparprogramm aufgesetzt. Das Ziel, bis 2020 weltweit 100 Millionen Euro an Vertriebs- und Verwaltungskosten einzusparen, hat das Unternehmen über ein Jahr früher als geplant erreicht. Bis Ende 2020 will HeidelbergCement weitere 30 Millionen Euro einsparen. Auch setzte Scheifele weitere Preiserhöhungen durch, um die im vergangenen Jahr verlorenen Margen wieder aufzuholen. Zudem steckt der Baustoffkonzern weniger Geld in den Aus- und Neubau von Werken sowie Zukäufen. Zugleich trennen sich die Heidelberger von Geschäftsteilen.

Ende November verkaufte HeidelbergCement einen weiteren Teil seines Aktienpakets am nordafrikanischen Branchenkollegen Ciments du Maroc und spülte so 73 Millionen Euro in die Kasse. Bereits im Februar hatte sich der Dax-Konzern von einem Teil getrennt und hält nun am marokkanischen Unternehmen etwas mehr als die Hälfte. Im Januar verkaufte Scheifele die Geschäfte in der Ukraine. Zudem trennte sich das Unternehmen von Zementwerken in Italien. Scheifele plant insgesamt Verkaufserlöse von 1,5 Milliarden Euro bis Ende 2020.

2007 hatte HeidelbergCement sich mit der Mega-Übernahme des britischen Baustoffeherstellers Hanson eine gigantische Schuldenlast aufgebürdet. Nach der Fusion der Konkurrenten Lafarge aus Frankreich und Holcim aus der Schweiz legte HeidelbergCement 2016 mit dem Zukauf von Italcementi nach. Nun müssen die Schulden erst wieder sinken, größere Übernahmen soll es daher vorerst nicht geben.

Anfang Februar wird Scheifele sein Amt an den noch stellvertretenden Chef Dominik von Achten übergeben. Nach Ablauf der gesetzlichen zweijährigen Pause, der sogenannten Cooling-Off-Periode, soll Scheifele 2022 Aufsichtsratschef bei HeidelbergCement werden.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Von den insgesamt 20 von der Nachrichtenagentur Bloomberg erfassten Analysten empfehlen elf ein Halten der Aktie, acht raten zum Kauf und einer zum Verkauf. Das durchschnittliche Ziel liegt mit 74 Euro rund zehn Prozent über dem aktuellen Kurs der Anteilsscheine.

Analyst Nabil Ahmed von der britischen Investmentbank Barclays sieht Risiken für HeidelbergCement im kommenden Jahr. So dürfte sich das US-Geschäft verlangsamen und die Aussichten für das höhermargige Kanada-Geschäft aufgrund des Ölpreisverfalls verschlechtern. Dies zusammen könnte das Gewinnwachstum in Nordamerika, dem historischen Gewinntreiber von HeidelbergCement, dämpfen.

Auch in Europa sieht Ahmed den Konzern vor Herausforderungen. Die skandinavischen Länder dürften weiter an Fahrt verlieren und Frankreich werde wahrscheinlich nach den Kommunalwahlen unter der Zerrissenheit leiden. Zudem seien die EU-Infrastrukturprogramme in mittel- und osteuropäischen Ländern im letzten Jahr. Dies sollte nur teilweise durch anhaltende Fortschritte in Italien und einer Erholung in Großbritannien ausgeglichen werden. Die HeidelCement-Aktie empfiehlt der Barclays-Experte zu verkaufen.

Etwas zuversichtlicher zeigte sich Analystin Elodie Rall von der US-Bank JPMorgan, die Investoren nach den Kursgewinnen seit Anfang des Jahres bei HeidelbergCement zum Halten rät. Die Ausblicke der europäischen Baustoffkonzerne auf 2020 seien insgesamt weiterhin positiv. Nach dem herausragenden Jahr 2019 sollten Anleger nun aber selektiver innerhalb des Sektors vorgehen.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Nach dem äußerst schwachen Vorjahr müssen die Anleger mit der Entwicklung 2019 zufrieden sein. Mit einem Kursplus von rund einem Viertel haben die HeidelCement-Papiere im laufenden Jahr in etwa so abgeschnitten wie der Dax. Zum Vergleich: Die Anteilsscheine des großen Konkurrenten LafargeHolcim haben derweil etwas üppigere 30 Prozent herausgeholt. Um auch die langfristig orientierten Anleger wieder zu besänftigen und 2018 vergessen zu machen, müssen sich die HeidelCement-Anteile jedoch um weitere 40 Prozent erholen.

Mit einer Marktkapitalisierung von gut 13 Milliarden Euro gehören die Papiere eher zu den Leichtgewichten im Dax. Die Papiere von LafargeHolcim sind an der Börse derweil rund 33 Milliarden Franken (etwa 30 Milliarden Euro) wert./mne/ag/eas/fba