HEIDELBERG (dpa-AFX) - Keine zwei Wochen nach seinem Amtsantritt musste der neue HeidelbergCement-Chef Dominik von Achten Mitte Februar eine schwächer als gedachte Umsatzentwicklung im Jahr 2019 eingestehen. In dem Jahr hielt noch der langjährige Unternehmenschef Bernd Scheifele das Ruder in den Händen. Analysten warten nun auf Details im Zuge der Vorlage der detaillierten Umsatzzahlen am 18. Februar. Seit Anfang 2019 steht das Papier, das sich 2019 noch um gut ein Fünftel verteuert hatte, unter Druck, während der deutsche Leitindex ein Rekord nach dem anderen erklomm. Was im Unternehmen los ist, was die Aktie macht und was Experten dazu sagen.

DAS IST LOS BEI HEIDELBERGCEMENT:

2019 setzte HeidelbergCement zwar trotz sinkender Zementverkäufe mehr um als im Vorjahr, der Umsatz stieg im Jahresvergleich auf vergleichbarer Basis um 2,1 Prozent auf 18,85 Milliarden Euro. Allerdings hatte der Baustoffkonzern hier vor Währungs- und Konsolidierungseffekten einen Anstieg von drei bis neun Prozent auf dem Zettel. Dass der Dax-Konzern seine eigene Prognose verfehlte, begründete er mit geringeren Umsätzen aus dem Handelsgeschäft, insbesondere des Brennstoffhandels mit Drittkunden.

Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen konnte der Baustoffhersteller 2019 jedoch deutlich steigern - es legte um 15,5 Prozent auf knapp 3,6 Milliarden Euro zu. Inklusive Wertberichtigungen wuchs das Ergebnis um 8,8 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro. Der vergleichbare Anstieg von 4,7 Prozent lag dabei im Rahmen der eigenen Erwartungen.

Beim Schuldenabbau kam HeidelbergCement besser voran als erwartet. Zum Jahresende sank die Nettofinanzverschuldung auf 7,1 Milliarden Euro, HeidelbergCement hatte als Ziel zuletzt 7,4 Milliarden Euro ausgegeben. 2007 hatte HeidelbergCement sich mit der Mega-Übernahme des britischen Baustoffherstellers Hanson eine gigantische Schuldenlast aufgebürdet. Nach der Fusion der Konkurrenten Lafarge aus Frankreich und Holcim aus der Schweiz legte HeidelbergCement 2016 mit dem Zukauf von Italcementi nach.

Um den Baustoffkonzern profitabler zu machen, hatte der bis Ende Januar amtierende Unternehmenschef Bernd Scheifele vor mehr als einem Jahr ein neues Sparprogramm aufgesetzt. Das Ziel, bis 2020 weltweit 100 Millionen Euro an Vertriebs- und Verwaltungskosten einzusparen, hat das Unternehmen über ein Jahr früher als geplant erreicht. Bis Ende 2020 will HeidelbergCement weitere 30 Millionen Euro einsparen.

Auch setzte Scheifele weitere Preiserhöhungen durch, um die im vergangenen Jahr verlorenen Margen aufzuholen. Zudem steckt der Baustoffkonzern weniger Geld in den Aus- und Neubau von Werken sowie Zukäufe. Zugleich trennen sich die Heidelberger von Geschäftsteilen.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Analysten zeigten sich durch die Bank weg überrascht von der vorgezogenen Vorlage der Eckdaten für das abgelaufene Jahr. Für Analyst Gregor Kuglitsch von der Schweizer Großbank UBS lagen Umsatz und operatives Ergebnis (bereinigtes Ebitda) unter seinen Prognosen. Die "Umsatzwarnung" sei wohl wegen regulatorischer Vorschriften technischer Natur. Auch Analyst Patrick Creuset von der US-Investmentbank Goldman Sachs hatte beim operativen Ergebnis etwas mehr erwartet. Allerdings sei der Konzern in puncto Verschuldung besser vorangekommen als gedacht, hob er positiv hervor.

Für Analyst Nabil Ahmed von der britischen Investmentbank Barclays war das vierte Quartal des Zementkonzerns verglichen mit den Markterwartungen ein Fehlschlag. Das Schlussquartal wirft seiner Ansicht nach viele Fragen auf, aber es gebe keine Antworten. Möglich sei zum Beispiel ein Zusammenhang mit Einmaleffekten wie etwa dem Verkauf eines Steinbruchs oder enttäuschende Margen in Nordamerika. Details dazu werde es wohl erst beim ursprünglich vorgesehenen Termin für den Quartalsbericht am 18. Februar geben.

Analyst Thorsten Reigber von der DZ Bank rechnet für 2020, dass die Wachstumsdynamik in den wichtigsten Märkten Nordamerika und Westeuropa nachlassen wird. Das bestehende Aktionsprogramm wie etwa Einsparungen sollte das Unternehmen bis Ende 2020 weiter erfolgreich abarbeiten. Ein möglicher Kapitalmarkttag im Verlauf des Jahres 2020 mit neuen Mittelfristzielen könnte positive Impulse bringen.

Von den insgesamt 15 von der Nachrichtenagentur Bloomberg erfassten Analysten empfehlen sieben ein Halten der Aktie, sechs raten zum Kauf und zwei zum Verkauf. Das durchschnittliche Ziel liegt mit rund 72,5 Euro rund zwölf Prozent über dem aktuellen Kurs der Anteilsscheine.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Seit Anfang des Jahres verlor die Aktie um mehr als ein Prozent an Wert. Allerdings legte sie seit ihrem Jahrestief von 60,86 Euro Anfang Februar um sechs Prozent zu.

Nach dem äußerst schwachen Vorjahr können die Anleger aber mit der Entwicklung 2019 zufrieden sein. Das HeidelbergCement-Papiere verteuerte sich um rund ein Fünftel, aber stiegen weniger stark wie der Leitindex Dax. Dieser hatte rund ein Viertel zugelegt. Auch die Anteilsscheine des großen Konkurrenten LafargeHolcim holten im vergangenen Jahr mit einem Wertzuwachs von einem Drittel mehr heraus. Um auch die langfristig orientierten Anleger wieder zu besänftigen müssen sich die HeidelCement-Anteile jedoch um weitere ein Drittel erholen.

Mit einer Marktkapitalisierung von 12,8 Milliarden Euro gehören die Papiere eher zu den Leichtgewichten im Dax. Die Papiere von LafargeHolcim sind an der Börse derweil rund 31 Milliarden Franken (etwa 29 Milliarden Euro) wert./mne/knd/mis