PARIS (dpa-AFX) - Konjunkturflaute? Politische Unruhen? Scheinen beim Luxusgüterkonzern Louis Vuitton Moët Hennessy (LVMH) erst mal noch Nebensache. Zwar werden die Franzosen nicht müde zu betonen, dass es durchaus seit einiger Zeit geopolitische Risiken gebe. In den Geschäftszahlen schlägt sich das aber noch nicht nieder. Im Gegenteil: Mit Wein, Mode, Kosmetik, Schmuck und anderen Objekten der weltweiten Begierde fährt das Unternehmen nach wie vor zweistellige Umsatzsteigerungen ein. Was bei LVMH los ist, was Analysten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI LVMH:

Der Luxuskonzern LVMH macht mittlerweile ein Drittel seiner Umsätze in Asien. Neben den USA sei die Nachfrage in den ersten sechs Monaten vor allem in China wieder besonders stark gewesen, teilte das Unternehmen in seinem jüngsten Halbjahresbericht mit. So ging in den Sparten Mode und Lederwaren, Parfüm und Kosmetik sowie Uhren und Schmuck in Asien zuletzt besonders viel über den Ladentisch. Lediglich bei den Weinen und Spirituosen sowie im sonstigen Einzelhandel wurde in den USA mit Blick auf die Umsätze noch häufiger zugegriffen.

Gleichzeitig wird in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong schon seit Monaten protestiert. Die Demonstrationen der Hongkonger richten sich gegen die eigene Regierung und gegen die kommunistische Führung in Peking mit ihrem wachsenden Einfluss auf die frühere britische Kronkolonie. Auch werden freie Wahlen gefordert. Seit der Rückgabe 1997 an China wird das Territorium unter chinesischer Souveränität nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" autonom regiert. Anders als die Menschen in der Volksrepublik genießen die Hongkonger Rechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit, sehen diese aber zunehmend bedroht.

Doch während das Wirtschafts- und Finanzzentrum durch internationale Ratingagenturen bereits in seiner Kreditwürdigkeit herabgestuft wurde und der Tourismus arg unter der Gewalt auf den Straßen leidet, scheint es dem EuroStoxx-50-Schwergewicht LVMH insgesamt noch ziemlich gut zu gehen. Konzernweit wuchs der Umsatz im ersten Halbjahr um 15 Prozent auf gut 25 Milliarden Euro. Der Gewinn im operativen Geschäft stieg zugleich um 14 Prozent auf gut 5 Milliarden Euro.

Damit blickt das Unternehmen mit seinen 75 Marken auch zuversichtlich auf den Rest des Jahres. Vorstandschef Bernard Arnault, der dank seiner LVMH-Aktien zu den reichsten Menschen der Welt zählt, geht davon aus, dass der Konzern mit diversen Neuheiten weiter Marktanteile gewinnen wird und seine Position als führender Anbieter von Luxusgütern ausbauen kann. Wie schon im vergangenen Jahr wies er dabei erneut auf die geopolitischen Unsicherheiten hin, wegen der man bei LVMH "wachsam" bleibe und die Kosten im Blick behalte.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Von den 14 in diesem Jahr im dpa-AFX-Analyser erfassten Experten ist die große Mehrheit noch immer vom Steigerungspotenzial der LVMH-Aktie überzeugt. Bei einem durchschnittlichen Kursziel von rund 394 Euro und damit etwa acht Prozent angepeiltem Wertzuwachs im Vergleich zum derzeitigen Kurs raten 12 Experten derzeit zum Kauf der Papiere. Zwei Analysten tendieren eher zum Halten der Aktie. Zum Verkauf rät nach wie vor niemand.

Die politischen Proteste in Hongkong dürften nur begrenzt Einfluss auf den Luxusgüterhersteller haben, schrieb etwa Morgan-Stanley-Analyst Edouard Aubin in einer Branchenstudie von Mitte September. Auf dem US-Markt dürfte sich LVMH derweil im dritten Quartal gut geschlagen haben.

Für die US-Investmentbank Bank of America (BofA) ist das Risiko aus der chinesischen Sonderverwaltungszone ohnehin eingepreist: Da sich die Nachfrage in Hong Kong zuletzt verschlechtert habe, seien die Erwartungen seit Juni bereits gesunken, schrieb Analyst Geoffroy de Mendez. Im Rest der Welt sehe es für LVMH nach wie vor gut aus.

Mit Blick auf Europa hätten Erhebungen in den sozialen Medien zudem eine beeindruckende Dynamik der einzelnen Marken des Luxushauses und Spielraum bei den Preisen belegt, hieß es in einer jüngsten UBS-Branchenstudie zum europäischen Luxusgütersektor. Die Gewinne von LVMH dürften sich folglich gut entwickeln, so das Fazit.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Nachdem die Aktie Ende Juli ihren bisherigen Höchststand bei 392,65 Euro erreicht hatte, war sie kurz darauf um über 13 Prozent auf 341 Euro abgesackt. Anleger können sich dennoch bislang wenig beklagen: Auf Jahressicht hat das Papier um rund ein Fünftel zugelegt, seit Jahresbeginn waren es sogar gut 40 Prozent.

Damit rangiert das Unternehmen unter den Top Ten im europäischen Leitindex, der seinerseits mit einem Plus von gut 17 Prozent seit Jahresbeginn zwar stark zugelegt hat - aber eben nicht so deutlich wie LVMH. Der erheblich kleinere Konkurrent Kering kommt im gleichen Zeitraum auf einen Wertzuwachs von rund elf Prozent.

Mit einer Marktkapitalisierung von etwa 185 Milliarden Euro ist LVMH das teuerste börsennotierte Unternehmen der Eurozone. Damit liegt es auch deutlich vor dem Dax-Schwergewicht SAP.

Der Kursanstieg der Aktie hat den Unternehmenschef und Großaktionär, Bernard Arnault, zum mit Abstand reichsten Mann Europas gemacht. Die Nachrichtenagentur Bloomberg taxierte sein Vermögen zuletzt auf 94 Milliarden Dollar. Damit liegt er deutlich vor Amancio Ortega, dem Eigentümer des spanischen Modeunternehmens Inditex (Zara, Massimo Dutti), der auf rund 65 Milliarden Dollar kommt.

Weltweit liegt der 70-jährige Franzose, dem 47 Prozent der LVMH-Aktien gehören, hinter Jeff Bezos (112 Mrd Dollar), dem Gründer, Unternehmenschef und Großaktionär von Amazon, sowie Microsoft-Gründer Bill Gates (107 Mrd Dollar) /kro/jha/zb/he