Obwohl die Fed-Protokolle keine wirklichen Überraschungen offenbarten, brachten sie doch die Meinungsverschiedenheiten unter den Mitgliedern bezüglich des Ausmaßes der ersten Zinssenkung ans Licht. Obwohl Jerome Powell letztendlich eine Senkung um 50 Basispunkte ankündigte, war diese Entscheidung intern umstritten. Die Frage ist nun, ob (und falls ja, sollte) die Fed diesen Schritt bei der Sitzung im November wiederholen? Die Anleger haben bereits abgestimmt, und die Waage neigt sich zu einer begrenzten Senkung um 25 Punkte.

Mehrere Gründe werden für diese Zurückhaltung angeführt: Zunächst liegt der Verbraucherpreisindex ohne Nahrungsmittel und Energie höher als erwartet: Auf monatlicher Basis erreichte er +0,3 % im Vergleich zu den erwarteten +0,2 %, während er auf Jahresbasis bei +3,3 % im Vergleich zu den erwarteten +3,2 % liegt. Dies ist der erste Anstieg dieser Größenordnung seit mehr als anderthalb Jahren. Zudem zeigen die Arbeitslosenzahlen die außerordentliche Widerstandsfähigkeit der amerikanischen Wirtschaft. Schließlich liegen auch die ISM-Aktivitätsindizes über den Erwartungen. In diesem Kontext könnte eine starke Senkung der Geldmarktzinsen leicht zu einem Wiederaufleben der Inflation führen, die dann mit signifikanten Zinserhöhungen bekämpft werden müsste, wie es in den 1970er Jahren der Fall war.

Der allmähliche Anstieg der Renditen bei langfristigen Anleihen spiegelt dieses Risiko deutlich wider. So ist die Rendite der 10-jährigen US-Anleihen in wenigen Wochen von 3,6 % auf 4,10 % gestiegen und testet damit eine wichtige Widerstandszone, die sich bis zu 4,17 % erstreckt. Ein Durchbrechen dieser Marke würde die derzeitige Abwärtstendenz umkehren und den Weg für einen Anstieg auf 4,42/48 % ebnen.