Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stagnierte von Oktober bis Dezember, nachdem es im Vorquartal noch um 0,2 Prozent gewachsen war. Damit schlug sich Deutschland das zweite Quartal in Folge schlechter als die Euro-Zone, wie aus den am Freitag veröffentlichten Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Der Währungsunion gelang zumindest ein Mini-Wachstum von 0,1 Prozent. Ökonomen sagen Europas größter Volkswirtschaft schwierige Zeiten voraus, zumal mit der Ausbreitung des Coronavirus beim wichtigsten Handelspartner China ein neues Risiko aufgetaucht ist.

"Die deutsche Volkswirtschaft befindet sich in einer schwachen Verfassung und besitzt damit nur geringe Abwehrkräfte gegen das Coronavirus", sagte DekaBank-Ökonom Andreas Scheuerle. "Mit zunehmender Dauer der Produktionsstopps in China wachsen die Lieferkettenprobleme und damit die Bremseffekte für den Rest der Welt und Deutschland." Auch das Bundeswirtschaftsministerium geht davon aus, dass die Epidemie die Konjunktur beeinträchtigen kann: Die außenwirtschaftlichen Risiken hätten sich durch die Ausbreitung des Virus in China erhöht. Das dürfte sich vor allem im laufenden ersten Quartal in sinkenden Exporten in die Volksrepublik niederschlagen. "Mit der Hoffnung auf Erholung müssen wir uns wenigstens noch bis zum Frühling gedulden", warnte deshalb die Chefvolkswirtin der Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib.

"DEUTLICH WENIGER INVESTITIONEN"

Dass die deutsche Wirtschaft zuletzt auf der Stelle trat, liegt auch an gemischten Signale von der Binnenkonjunktur. "Sowohl die privaten als auch die staatlichen Konsumausgaben verloren nach einem sehr starken dritten Quartal zum Jahresende deutlich an Dynamik", betonten die Statistiker. Zugleich wurde in Ausrüstungen wie Maschinen "deutlich weniger investiert", während die Bauausgaben weiter zulegten. Gedämpft wurde die Konjunktur vom Außenhandel, da die Exporte von Waren und Dienstleistungen schrumpften, während die Importe zulegten. Schwache Weltkonjunktur, der Zollstreit zwischen den USA und China sowie das Brexit-Theater haben die Nachfrage nach Produkten "Made in Germany" im vergangenen Jahr belastet.

2019 insgesamt stieg das Bruttoinlandsprodukt um 0,6 Prozent. Für dieses Jahr rechnet die Bundesregierung mit einem Plus von 1,1 Prozent - auch weil dieses Jahr mehr Arbeitstage zählt. Experten warnen aber vor erheblichen Risiken. "Die Aussichten für 2020 sind alles andere als gut", sagte Ökonom Jens-Oliver Niklasch von der LBBW. "Bei all dem ist erstaunlich, wie robust etwa der Arbeitsmarkt noch ist." Die Frage sei allerdings, wie lange das noch so weitergehe.

Mancher Experte mahnt auch, dass sich Deutschland durch den jahrelangen Boom eine gewisse Trägheit breitgemacht habe. "Die aus den USA kommende Elektromobilität wurde zu lange müde belächelt", nannte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel, ein Beispiel. "Jetzt muss die deutsche Automobilwirtschaft im Hauruckverfahren umsatteln. Leidtragender ist der Maschinen- und Anlagebau mit den Zulieferbetrieben für BMW, Daimler, VW & Co."

Auch die deutsche Metall- und Elektroindustrie gibt sich für das laufende Jahr wenig zuversichtlich. "Durch schwache Dezemberwerte ist die Branche im vierten Quartal 2019 noch einmal tiefer in die Rezession gerutscht", teilte der Arbeitgeberverband Gesamtmetall mit. Im Gesamtjahr 2019 sei die Produktion um 5,1 Prozent eingebrochen. Bei der Autobranche als Schlüsselindustrie in Deutschland habe es ein Minus von 11,6 Prozent gegeben.