Von Petra Sorge

BERLIN (Dow Jones)--Industrie und Energiewirtschaft haben mit Enttäuschung auf den Kabinettsbeschluss zur künftigen Wasserstoff-Infrastruktur reagiert. "Die Bundesregierung bleibt mit ihrer Anpassung des Energiewirtschaftsgesetzes hinter ihren eigenen Ansprüchen an die Wasserstoffstrategie zurück", erklärte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Er mahnte "ein beherztes Handeln noch in dieser Legislaturperiode" an.

Der nun von der Regierung auf den Weg gebrachte Gesetzentwurf sieht nicht nur die Umsetzung der EU-Strombinnenmarktrichtlinie vor, er enthält auch erstmals einen Rechtsrahmen für reine Wasserstoffleitungen. Der Markthochlauf der neuen Technologie werde nur dann gelingen, wenn auch die dafür notwendige Wasserstoffnetzinfrastruktur stehe, erklärte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Der Gesetzentwurf sei "ein klares Zukunftssignal für die Energiewelt von morgen".


   BDI: "Realitätsfern und unwirtschaftlich" 

Aus Sicht des stellvertretenden BDI-Hauptgeschäftsführers Holger Lösch wäre es jedoch "realitätsfern und unwirtschaftlich, Gas- und Wasserstoffnetze komplett getrennt voneinander zu planen und zu finanzieren". Ein integrierter Ansatz sei auch vereinbar mit EU-Recht. Um die Rahmenbedingungen für Investitionen zu verbessern, schlägt der BDI Hilfe bei der Finanzierung über bestehende Gasnetzentgelte vor.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) erklärten, statt einer zweigleisigen Regulierung hätte ein ganzheitlicher Ansatz langfristige Planungssicherheit für Investoren und Marktteilnehmer bedeutet. "Wir werben daher im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens dafür, dass hier die richtigen Weichen gestellt werden", betonte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing.


   BDEW unglücklich über Speicher-Definition 

Der BDEW begrüßte es, dass der Entwurf nun erstmals Energiespeicher definiere. Allerdings werde die Speicher-Definition aus der Binnenmarkt-Richtlinie nicht wörtlich, sondern deutlich verändert umgesetzt. Dadurch bestehe weiterhin die Gefahr einer Doppelbelastung, erklärte Verbandschefin Kerstin Andreae. Auch die vorgeschlagene Schaffung einer unternehmensübergreifenden Internet-Plattform aller Verteilnetzbetreiber lehnt der BDEW ab.

Mehrere Umweltverbände warnten indes in einem Brief an Altmaier, Wasserstoff im Wärmemarkt einzusetzen. Für den Gebäudesektor gebe es mit Wärmepumpen, erneuerbarer Fernwärme oder solarthermischen Heizungsanlagen bereits erprobte Technologien, argumentieren die sieben Unterzeichner um den Deutschen Naturschutzring. Wasserstoff sollte stattdessen nur in Bereichen wie dem Flug- und Schiffsverkehr, Hochtemperatur- und Industrieprozessen oder zur Stabilisierung des Stromnetzes eingesetzt werden.

Kontakt zur Autorin: petra.sorge@wsj.com

DJG/pso/apo

(END) Dow Jones Newswires

February 10, 2021 06:48 ET (11:48 GMT)