BEIRUT (dpa-AFX) - Die Wirtschaftskrise im Libanon wird nach Einschätzung der Weltbank schwerer sein und länger andauern als die meisten vergleichbaren Krisen in anderen Ländern. Das Land sei aufgrund "bewusst mangelnder, effektiver politischer Maßnahmen" einer langen Depression ausgesetzt, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht. Das Bruttoinlandsprodukt werde dieses Jahr um 19,2 Prozent stark fallen, nachdem es 2019 bereits um 6,7 Prozent geschrumpft war. Der Zusammenbruch der libanesischen Währung, die 80 Prozent ihres Werts verlor, habe zu dreistelligen Inflationsraten geführt.

Dem kleinen Mittelmeerland sagt die Weltbank eine sich weiter verschlimmernde Armut voraus, die mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Mitleidenschaft ziehen werde. Kritisiert wird, dass trotz Dringlichkeit noch immer keine Maßnahmen "beschlossen, geschweige denn umgesetzt" worden seien. "Der Mangel an politischem Konsens über die nationalen Prioritäten behindert die Fähigkeit zur Umsetzung einer langfristigen und visionären Entwicklungspolitik erheblich", sagte Weltbank-Regionaldirektor Saroj Kumar Jha.

Seit mehr als einem Jahr wird der Libanon von Krisen heimgesucht. Auf eine schwere Wirtschafts- und Finanzkrise seit 2019 folgte die Coronakrise und schließlich die Explosion im Hafen von Beirut im vergangenen August. "Von den drei Krisen hatte die Wirtschaftskrise bei weitem die größten und am längsten anhaltenden negativen Auswirkungen", heißt es im Bericht.

Frankreich und die Vereinten Nationen planen für Mittwoch eine zweite Geberkonferenz, um beim Wiederaufbau der libanesischen Hauptstadt zu helfen. Der Libanon ist der Weltbank zufolge zahlungsunfähig und hat kaum ausreichenden Währungsreserven. Für eine umfassende Erholung und den Wiederaufbau seien internationale Hilfen und private Investitionen unerlässlich./nia/DP/jha