FRANKFURT (dpa-AFX) - Am deutschen Aktienmarkt dürfte es auch in der neuen Woche stürmisch zugehen. Kräftigere Schwankungen bleiben wohl vorerst an der Tagesordnung, denn die geldpolitischen Signale der US-Notenbank (Fed) haben längst nicht zum Ende der Unsicherheiten geführt. Zudem steht die Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) an, und die Marktteilnehmer müssen zahlreiche wichtige Konjunkturdaten aus den USA und europaweit auswerten.

Die Berichtssaison in den USA nimmt zudem weiter Fahrt auf und auch hierzulande berichten bereits vereinzelt Unternehmen über ihr abgelaufenes Quartal. Im Fokus bleibt darüber hinaus die weitere Entwicklung der Pandemie und der sich zuspitzende Ukraine-Konflikt.

Zugleich hat sich charttechnisch betrachtet das Bild für den Dax eingetrübt. Nachdem sich vor einigen Tagen der kurzfristige Trend eingetrübt hatte, fiel das deutsche Börsenbarometer inzwischen auch unter die 200-Tage-Linie, die den langfristigen Trend signalisiert. Erst ein erneuter Anstieg über die Preisschwellen bei 15 300 Punkten und vor allem um die 15 500 Zähler wäre laut Analyst Andreas Büchler von Index Radar "ein frisches positives Signal". Eine Stabilisierung aber hängt laut CMC-Marktanalyst Jochen Stanzl vor allem von den US-Börsen ab. Wenn jenseits des Atlantiks der Ausverkauf noch nicht beendet sei, dann sei es auch hierzulande fraglich, ob die jüngsten Erholungsgewinne "in den kommenden Tagen verteidigt werden können".

Und wie es an der Wall Street und den technologielastigen Nasdaq-Börsen weitergeht, hängt von recht vielen Faktoren ab. So dürften zum einen die Nachwehen der US-Notenbanksitzung auch in die neue Handelswoche schwingen. Denn während der Fed-Vorsitzende Jerome Powell mit seinen jüngsten Äußerungen mehr Klarheit über die Geschwindigkeit der anstehenden Leitzinsanhebungen schuf, dürften Spekulationen über das Ausmaß der geldpolitischen Straffung noch eine Weile für Kopfzerbrechen sorgen, erwartet Marktexperte Timo Emden. "Die Unsicherheit bleibt somit groß."

Eine weitere Quelle für ein womöglich nervöses Auf und Ab sind die anstehenden Unternehmensberichte, denn insbesondere die Ausblicke der mächtigen Großkonzerne dürften Einfluss auf die allgemeine Stimmung an den Börsen haben. Besonders im Fokus werden im Wochenverlauf daher die Google-Mutter Alphabet, der Online-Handelsriese Amazon und die Facebook-Mutter Meta stehen. Hierzulande rücken am Donnerstag der Halbleiterhersteller Infineon, der Medizintechnikkonzern Siemens Healthineers und der Versicherer Hannover Rück mit ihren Zahlen in den Blick der Anleger.

Die Experten der Bank of America rechnen angesichts der restriktiver werdenden Geldpolitik der USA mit einem fortgesetzten Abwärtstrend für europäische Aktien. Sie verweisen darüber hinaus auf die weiterhin negative Dynamik der Einkaufsmanager-Indizes und auf das bevorstehende Ende steigender Gewinnerwartungen. "Aufgrund der Verlangsamung des Wachstums sind wir in zyklischen Werten im Vergleich zu defensiven Werten untergewichtet, während wir aufgrund höherer Zinsen Value-Werte gegenüber Wachstumswerten übergewichten", schreiben sie. Sie bestätigen damit, was auch die Experten des Bernecker Börsenbriefs feststellen: "Die Rotation von Tech zu Value läuft."

Die "Chipadressen" sind ihnen zufolge die nächsten, und davon auch betroffen Infineon und STMicro. "Das Risiko ist nicht dramatisch, aber die üblichen 15 bis 20 Prozent Korrektur sind eine ziemlich gute Wette", heißt es dort.

In den Fokus rücken in der neuen Woche entsprechend auch zahlreiche wichtige Konjunktur- und Stimmungsdaten wie die Einkaufsmanagerindizes und Industriedaten in den USA und in Europa und der US-Arbeitsmarktbericht für Januar am Freitag. Zudem stehen gleich zu Wochenbeginn die Verbraucherpreise hierzulande auf der Agenda und am Mittwoch die der Eurozone. "Wie das zu interpretieren ist, darauf wird die Europäische Zentralbank auf ihrer Sitzung am Donnerstag mit Spannung erwartete Antworten geben dürfen", konstatiert Volkswirt Ulrich Kater von der Dekabank.

Zugleich erinnern die Analysten von der Commerzbank daran, dass Präsidentin Christine Lagarde und ihr Chefvolkswirt Philip Lane nicht müde würden zu betonen, dass "Zinserhöhungen noch in diesem Jahr unwahrscheinlich sind", auch wenn ein erster Schritt in Europa an den Märkten schon für 2022 eingepreist sei. Da aber die EZB die Erwartungen in dieser Hinsicht so offensichtlich dämpfen wolle, sollte dies ihnen zufolge den Euro in nächster Zeit noch weiter schwächen. Und der ist bereits durch die geldpolitischen Fed-Aussagen unter Druck geraten.

Für die Anleger am Aktienmarkt hierzulande könnte zumindest das ein stützender Faktor sein, denn eine schwache heimische Währung kann vor allem den Aktien der in der Exportwirtschaft stark vertretenen deutschen Unternehmen Auftrieb geben./ck/jsl/he

--- Von Claudia Müller, dpa-AFX ---