Die tägliche Kompakt-Übersicht mit wichtigen Aussagen, Einschätzungen, Erwartungen und Zielen zur Bundestagswahl am 26. September:


Wissing sieht bessere Voraussetzungen für Jamaika als 2017 

FDP-Generalsekretär Volker Wissing sieht bessere Chancen auf Jamaika als nach der Bundestagswahl 2017. "Die Voraussetzungen für ein Jamaika-Bündnis sind besser als 2017", sagte er dem Nachrichtenportal T-Online. "Den Parteiführungen von Union und Grünen ist dieses Mal mehr Offenheit für eine faire Partnerschaft zuzutrauen." Zu 2017 erklärte Wissing: "Alle haben aus den gescheiterten Gesprächen damals gelernt, dass jeder der Beteiligten sich mit eigenen Projekten wiederfinden muss. Die FDP ist optimistisch". Wissing wies auf die Erfahrung der Beteiligten hin, dem Koalitionspartner seine Standpunkte zu gönnen: "Armin Laschet zeigt das jeden Tag in Nordrhein-Westfalen, Robert Habeck hat Erfahrung mit der Bildung einer solchen Koalition in Kiel."


Ost-Ausschuss dringt auf geostrategischen Ansatz 

Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft hat für die nach der Wahl anstehenden Verhandlungen über eine Regierungsbildung einen "geostrategischen Ansatz in unserer Außenwirtschaftspolitik" gefordert. "Deutschlands Wohlstand hängt von einer starken Exportwirtschaft ab", erklärte Vorsitzender Oliver Hermes. Im Bundestagswahlkampf habe dies leider eine untergeordnete Rolle gespielt. "In den anstehenden Koalitionsverhandlungen muss sich dies fundamental ändern", verlangte Hermes. Die neue Bundesregierung müsse dem globalen Decoupling, der Entkoppelung von Wirtschaftsräumen, entgegenwirken und multilaterale Ansätze unterstützen. Der Ost-Ausschuss erwarte insbesondere neue Initiativen zur stärkeren wirtschaftlichen Integration der osteuropäischen Partnerländer innerhalb und außerhalb der EU. Nötig seien "Klimaallianzen und Transformationspartnerschaften mit unseren östlichen EU-Nachbarn".


Parteienforscher Niedermayer erwartet schwierige Regierungsbildung 

Der Parteienforscher Oskar Niedermayer erwartet vor dem Hintergrund einer fragmentierteren Parteienlandschaft eine schwierige Regierungsbildung. Angesichts einer möglichen Dreier-Konstellation über politische Lagergrenzen hinweg müsse man sich "auf längere und schwierigere Regierungsbildungen einstellen und möglicherweise auf eine geringere Stabilität der Koalitionen", sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung. "Da kann eine Regierung schneller mal über eine Krise stürzen." Diese Entwicklung bedeute auch, dass Kompromisse nicht innerhalb der Parteien vorgefertigt würden, die dann einen großen Teil der Wählerschaft hinter sich versammelten, sondern zwischen Parteien. "Das ist schwieriger", so der Politikwissenschaftler.


Regierung: Keine Gefahr für Wahl durch Hackerangriff auf Statistikamt 

Die Bundesregierung sieht von einem auf das Statistische Bundesamt erfolgten Hackerangriff keine Gefahren für die Bundestagswahl. "Von dem, was wir bisher sagen können, ist es so, dass der interne Wahlserver von diesem Angriff nicht betroffen war, und dass insofern auch keine Gefahr für die Durchführung der Bundestagswahl von diesem Hackerangriff droht", sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Der betroffene Server sei Teil einer Entwicklungsumgebung für den Zensus und von den anderen Systemen der Behörde getrennt. Es gebe zum jetzigen Zeitpunkt keinen Hinweis des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, "dass hier eine Manipulation oder auch ein Datenabfluss an diesem betroffenen Server stattgefunden hat".


Laschet: Wissen am Wahlabend vielleicht nicht, wer Kanzler wird 

Nach Einschätzung von Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) könnte am Abend der Bundestagswahl noch unklar sein, wer nächster Bundeskanzler wird. "Wir wissen vielleicht am Wahlabend noch nicht, wie der künftige Kanzler aussieht", sagte Laschet im ZDF-Morgenmagazin. "Ich tue alles, dass wir eine bürgerlich geführte Regierung bekommen", kündigte der CDU-Vorsitzende an. Auf die Frage, ob er auch als Zweitplatzierter versuchen würde, eine Regierung zu bilden, sagte Laschet, die Union wolle in den letzten Stunden vor der Wahl alles dafür tun, "dass wir auf Platz eins liegen". Es könne "auch sein, wenn die SPD auf zwei liegt, dass sie trotzdem eine andere Regierung bildet".


Scholz pocht auf Mindestlohn, stabile Renten und bezahlbare Mieten 

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat angekündigt, in einem ersten Regierungsjahr einen Mindestlohn von 12 Euro und Maßnahmen für stabile Renten und bezahlbaren Wohnraum auf den Weg zu bringen. "Ich bin sehr klar in den Dingen, die wichtig sind für Deutschland", sagte er im ZDF-Morgenmagazin. "Das muss im ersten Jahr entscheiden werden, muss so kommen", sagte Scholz zum Mindestlohn. "Das Gleiche gilt für ein stabiles Rentenniveau." Zudem müsse man "dafür sorgen, dass es bezahlbare Mieten gibt." Scholz wies zudem Befürchtungen zurück, am Ende könnten linke SPD-Positionen die Oberhand gewinnen: "Alle stehen hinter dem, was ich hier vortrage als sozialdemokratisches Programm, und das werde ich dann auch so umsetzen."


Lindner will Jamaika 

FDP-Chef Christian Lindner hat sich zwei Tage vor der Bundestagswahl für eine Jamaika-Koalition als favorisierte Regierungsoption ausgesprochen. "Es ist kein Wunschkonzert, aber richtig ist, dass mit Union und Grünen es einfacher ist als mit SPD und Grünen", sagte Lindner im ZDF-Morgenmagazin. Die SPD wolle Steuern erhöhen, die Grünen wollten die Schuldenbremse aufweichen, beide setzten auf Bevormundung. "Das ist für uns keine Verheißung, denn wir wollen ja den Gedanken der Freiheit stärken und deswegen setze ich eher auf Jamaika." Seine eigene Rolle als möglicher Kanzlermacher spielte der FDP-Chef herunter: "Ich mag das Wort Königs- oder Kanzlermacher nicht wirklich gerne, weil wir leisten ja nur einen Beitrag."


Kassenärztechef warnt vor rot-grün-roten Plänen für Bürgerversicherung 

Kassenärztechef Andreas Gassen hat vor den Plänen von SPD, Grünen und Linkspartei für eine "Bürgerversicherung" gewarnt, in die auch Beamte und Selbstständige einzahlen müssten. "Eine starre Einheitsversicherung für alle und jeden ist eine Idee aus der sozialistischen Mottenkiste", sagte der Vorstandschef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) der Neuen Osnabrücker Zeitung. "Folge wäre dann in der Tat eine Zweiklassengesellschaft, wie wir sie in fast allen Ländern mit Einheitsversicherungen sehen, weil sich die, die es sich leisten können, eine bessere Versorgung kaufen", sagte Gassen. Den Verfechtern der Bürgerversicherung gehe es weniger um eine solide Finanzierung, sondern "um mehr Einheitlichkeit und Kontrolle im Gesundheitswesen".

Kontakt zu den Autoren: konjunktur.de@dowjones.com

DJG/ank/mgo

(END) Dow Jones Newswires

September 24, 2021 10:45 ET (14:45 GMT)