DÜSSELDORF/MÜNCHEN (dpa-AFX) - Zwei Tage vor der Bundestagswahl hat FDP-Chef Christian Lindner erneut sein Interesse an einem Regierungsbündnis mit Union und Grünen betont. "Es ist kein Wunschkonzert. Aber richtig ist, dass mit Union und Grünen es einfacher ist als mit SPD und Grünen", sagte er am Freitag im ZDF-"Morgenmagazin". Unionskanzlerkandidat Armin Laschet wurde in der Sendung gefragt, mit welchen Spitzenkandidaten er am liebsten eine Corona-Quarantäne verbracht hätte - und nannte Lindner und Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Mit Lindner sei er befreundet, Baerbock müsse er noch besser kennenlernen - und mit beiden gebe es viel zu diskutieren.

Am Freitag wollte Laschet ebenso wie seine Kontrahenten Olaf Scholz (SPD) und Baerbock offiziell den Wahlkampf beenden. Scholz und Baerbock reisen dafür in das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen. CDU-Chef Laschet wird in Bayern erwartet. Scholz und Laschet werden aber auch am Samstag noch Termine bestreiten. Die offiziellen Wahlkampfabschlüsse von AfD und Linken sind am Freitag in Berlin. Die FDP beschließt ihren Wahlkampf am Samstag offiziell in Düsseldorf.

In einem letzten großen TV-Schlagabtausch aller sieben im Bundestag vertretenen Parteien waren am Donnerstagabend nochmals deutliche Unterschiede unter anderem in der Finanz- und Verteidigungspolitik sichtbar geworden. In der Sendung "Schlussrunde" von ARD und ZDF bekannte sich beispielsweise Scholz dazu, die Ausgaben für die Bundeswehr weiter zu erhöhen. "Ich will gerne zusagen, dass wir im Rahmen der wirtschaftlichen Möglichkeiten auch in den nächsten Jahren weitere Steigerungen des Verteidigungshaushaltes brauchen."

Dagegen betonte die Linken-Vorsitzende Janine Wissler: "Wir wollen nicht weiter aufrüsten." Damit setzte sie sich klar in Gegensatz zu Scholz, obwohl sie erneut für einen "Politikwechsel" durch eine rot-rot-grüne Bundesregierung warb. Auch CSU-Chef Markus Söder verlangte "mehr Geld für die Bundeswehr". Scholz erklärte: "Die Bundeswehr hatte in der Zeit der schwarz-gelben Koalition ihre schlechteste Zeit." Bei der Frage, wie eine künftige Bundesregierung dem Expansionsdrang Chinas entgegentreten sollte, plädierte AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel für ein "entspanntes Verhältnis mit den Chinesen"

Differenzen wurden auch bei einem für viele Menschen drängenden Problem sichtbar, den vor allem in Ballungsräumen drastisch steigenden Mieten. Laschet sah den Kern der Lösung darin, dass mehr Wohnungen gebaut werden. Bis 2025 seien 1,5 Millionen neue Wohnungen erforderlich, darunter müssten viele Sozialwohnungen sein. Da Städte zu Magneten geworden seien, sei es wichtig, auch das Leben im ländlichen Raum attraktiv zu halten. Baerbock sagte, es gelte, Mittel für den sozialen Wohnungsbau zu erhöhen und in Städten mit angespannten Märkten dafür zu sorgen, dass Mieten nicht willkürlich weiter steigen. Wissler forderte einen bundesweiten Mietendeckel. Sie machte deutlich, dass das Grundgesetz auch Enteignungen im Interesse des Gemeinwohls zulasse.

Zur Frage möglicher Koalitionen nach der Bundestagswahl sagte Söder: "Der überzeugendste Regierungsauftrag ergibt sich mit einem klaren Platz Nummer eins." Er gehe davon aus, dass es für die Union noch möglich sei, die SPD abzufangen. Eine Jamaika-Option mit FDP und Grünen wäre dann "eine Option". Laschet betonte: "Wir tun alles für eine CDU/CSU-geführte Regierung." Die Entscheidung der Wähler sei nicht, "wer wie aus 1 oder 2 was macht". Die Wähler müssten entscheiden, ob die Union so stark werde, dass Rot-Rot-Grün nicht möglich werde. Baerbock plädierte für "eine grün-geführte Regierung".

Der Vorsprung der SPD vor der Union verkleinerte sich im neuen ZDF-"Politbarometer" unterdessen leicht. CDU/CSU kämen in der am Donnerstagabend veröffentlichten Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen auf 23 Prozent - 1 Prozentpunkt mehr im Vergleich zur Vorwoche. Die SPD liegt unverändert bei 25 Prozent. Die Grünen kämen demnach auf 16,5 Prozent (plus 0,5). Die AfD liegt in der Umfrage derzeit bei 10 Prozent (minus 1), die FDP bei 11, die Linke bei 6 Prozent (beide unverändert).

Damit hätte als mögliches Zweier-Bündnis lediglich eine Koalition aus SPD und CDU/CSU eine knappe Mehrheit. Reichen würde es auch für eine Koalition aus SPD, Grünen und FDP, für eine Regierung aus Union, Grünen und FDP sowie für das Bündnis Rot-Grün-Rot. Nach Angaben der Forschungsgruppe Wahlen wissen 35 Prozent der Befragten noch nicht sicher, ob sie wählen wollen und wenn ja, wen.

Bei den persönlichen Werten liegt Scholz weiter deutlich vor seinen Konkurrenten. 64 Prozent trauen ihm das Amt zu. Laschet bezeichnen lediglich 26 Prozent als kanzlerfähig, Baerbock 25 Prozent. 47 Prozent der Befragten (minus 1) wünschen sich Scholz als Kanzler, 20 Prozent Laschet (minus 2) und 16 Prozent Baerbock./zeh/DP/stw