BERLIN (dpa-AFX) - CDU und CSU wollen die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur der Union nicht allein von den Umfragewerten ihrer Vorsitzenden abhängig machen. "Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit immer hoch, dass Umfragen eine Rolle spielen, aber nur in der Langzeitperspektive", sagte CSU-Chef Markus Söder am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Anne Will". Aber: "Da fließen viele Dinge mit ein." Als Beispiele nannte er unter anderem die Geschlossenheit der Union und ihre Zukunftsfähigkeit. Man müsse dazu aber auch noch "inhaltliche Leitentscheidungen treffen".

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Volker Bouffier sagte: "Bei allem Respekt vor Umfragewerten - wir wollen ja nicht Umfragen gewinnen, sondern die Wahlen." Umfragen veränderten sich. "Sie sind nicht ohne Einfluss. Jede Partei schaut auf Umfragen, aber das ist nicht der Ersatz für eine Strategie." Der hessische Ministerpräsident betonte: "Am Ende entscheidet: Mit wem werden wir den größeren Erfolg haben?" Der CDU-Vorsitzende sei zwar "ein natürlicher Anwärter" für die Kanzlerkandidatur. Aber: "Am besten fahren wir, wenn unsere Spitzen sich verständigen und wenn wir eine überzeugende Position haben."

Ähnlich äußerte sich Söder: "Es kommt darauf an, tatsächlich, was ist die beste Aufstellung. Und das Initiativrecht liegt natürlich bei der CDU." Söder plädierte erneut dafür, den Kanzlerkandidaten der Union nicht zu früh zu benennen. "Wir sind jetzt gut beraten, nicht zu früh die Pferde scheu zu machen."

Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck vermisste bei der Union die inhaltliche Richtungsentscheidung. Diese habe der Bundesparteitag mit der Wahl von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet zum Vorsitzenden nicht gebracht. Laschet habe in seiner Parteitagsrede keine Antworten auf die großen Herausforderungen gegeben. "Die Rede war nicht auf die Gestaltung der Zukunft gerichtet." Wenn es im Wahlkampf jenseits der Corona-Pandemie um diese Fragen gehen werde, "wird sich das ganze Feld völlig neu justieren und sortieren", sagte Habeck mit Blick auf die hohen Umfragewerte der Union.

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner ging ebenfalls davon aus, dass sich die Themenlage ab der Jahresmitte nochmals ändern werde. Es werde dann eine "verschärfte Diskussion" zum Beispiel über den Weg heraus aus den Schulden, über das Schaffen von Wachstum sowie über die Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen geben. "Und dann wird sich das Feld noch mal neu sortieren, wem man zutraut, bei diesen Gestaltungsaufgaben in den zwanziger Jahren Beiträge zu leisten und wem vielleicht nicht so sehr."/sk/DP/zb