JOHANNESBURG (awp international) - Reisebeschränkungen, ausbleibende Ticketbuchungen dank geändertem Reiseverhalten, eingemottete Verkehrsjets: Die Corona-Flaute hat die Weltluftfahrt in den vergangenen zwei Jahren schwer getroffen. Auf den Luftstrassen der Welt waren auch 2021 weniger Passagiere unterwegs. Doch bei der Flugsicherheit macht sich das in der Jahresbilanz positiv bemerkbar: 168 Menschen starben laut einer Studie des Hamburger Flugunfallbüros Jet Airliner Crash Data Evaluation Centre (JACDEC) bei schweren Unglücken in der kommerziellen Luftfahrt weltweit - rund 75 Prozent weniger als im Schnitt der vergangenen 25 Jahre, der bei 673 Toten pro Jahr liegt. Erfasst wurden für die Studie alle Flugzeuge mit mehr als 5,7 Tonnen Gewicht oder mehr als 19 Sitzen.

"Vergegenwärtigt man sich, dass bis Mitte der 2000er Jahre noch häufig über 1000 Tote pro Jahr verzeichnet wurden, ist das aktuelle Sicherheitsniveau der Zivilluftfahrt atemberaubend gut", meint JACDEC-Gründer Jan-Arwed Richter, dessen Büro die Analyse im Auftrag des Luftfahrtmagazins "Aero International" (Februar-Ausgabe) durchgeführt hat. Die Analyse stimmt in dieser Trendaussage überein mit der des Aviation Safety Networks, das ebenfalls langfristig die Unfälle in der kommerziellen Luftfahrt beobachtet.

In der Rückschau sieht Richter das grösste verbleibende Risiko für einen tödlichen Flugunfall geografisch auf den Regionalstrecken, fern der grossen Verkehrsrouten. Während der Nahe und Mittlere Osten in der Statistik diesmal völlig ohne Todesopfer auftaucht, geschahen allein 7 der 18 Unglücke mit Todesfolge in den Weiten Russlands. Auf die Staaten der früheren Sowjetunion entfielen regional diesmal mit 43,5 Prozent die meisten Opfer, vor der Region Asien-Pazifik (39,3 Prozent) sowie Afrika (11,9), Nordamerika (3,0), Lateinamerika (1,8).

Nur durch einen tragischen Unfall in Ostfriesland kam Europa in der Statistik auf einen Anteil von 0,6 Prozent: Bei einem Flug mit Fallschirmspringern stürzte eine einmotorige Cessna 208 vor der Insel Norderney ins Wattenmeer und riss den Piloten mit in den Tod.

Viele Unfälle betrafen 2021 Fracht-, Test-, Überführungs- oder Spezialflüge. Denn zahlreiche Flugzeuge waren buchstäblich wochen- oder monatelang in die Wüste geschickt werden und mussten erst mal wieder fit gemacht werden für den regulären Dienst. Das galt auch fürs Cockpit-Personal, das unter erschwerten hygienischen Anforderungen in die Routine zurückfinden musste. "Sicherheit hat im Luftverkehr oberste Priorität - das gilt selbstverständlich auch in Pandemiezeiten", sagt Claudia Nehring vom Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. Dazu gehört etwa die Pflicht zum Tragen einer Schutzmaske an den deutschen Flughäfen und an Bord der Flugzeuge.

In Corona-Zeiten kommt es zu mehr Zwischenfällen mit "unruly passengers" - also Passagieren ausser Rand und Band, die sich den Anordnungen des Bordpersonals widersetzen und Crew-Mitglieder oder Mit-Passagiere angreifen, bedrohen oder beleidigen. Die Allianz als grösster deutscher Versicherer warnte noch im Sommer vor den damit verbundenen Risiken. Doch auch die extrem ansteckende Coronavirus-Variante Omikron bereitet zunehmend Kummer. Über die Weihnachtsfeiertage kam es bei vielen Airlines deswegen zur Streichung Tausender Flüge, weil sich Crews infiziert hatten.

Dennoch hält der Bundesverband das Fliegen auch in Pandemiezeiten für eine der sichersten Arten zu reisen. "Zahlreiche Studien bestätigen, dass das Tragen der Schutzmasken im Flugzeug zusammen mit dem Lüftungssystem an Bord die Ansteckungsgefahr signifikant reduziert", sagt Verbandssprecherin Nehring. Sie verweist auf Berechnungen der Flugzeughersteller Airbus, Boeing und Embraer. Auch der Weltluftfahrt-Verband IATA, der die Studie mit den Herstellern vorgestellt hat, hält das Risiko einer Infektionsübertragung an Bord beim Tragen einer Maske für gering.

Weltweit wurden 2021 laut des internationalen Branchenverbands IATA 2,3 Milliarden Fluggäste befördert. Vor dem Einbruch durch die Corona-Restriktionen waren es 4,5 Milliarden./rek/DP/jsl