Berlin (Reuters) - Die Einigung der EU-Staaten auf eine Reform der gemeinsamen Agrarpolitik stößt bei Umweltschützern auf scharfe Kritik.

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und viele ihrer europäischen Kollegen hätten sich für eine klassische Klientelpolitik für Großbetriebe und Agrarwirtschaft zu Lasten bäuerlicher Familienbetriebe und der Umwelt entschieden, hieß es in einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung von Greenpeace. "390 Milliarden Euro Agrarsubventionen sollen weiterhin weitgehend bedingungslos verteilt werden, statt damit gezielt Umwelt- und Klimaschutz in der Landwirtschaft zu fördern", sagte Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Lasse van Aken.

Das Budget für die Öko-Regelungen sei um ein Fünftel niedriger als vom EU-Parlament beschlossen und greife erst mit zwei Jahren Verzögerung. "Setzt sich der Rat bei der Reform der EU-Agrarpolitik durch, drohen sieben verlorene Jahre, die wir dringend bräuchten, um den dramatischen Verlust der Artenvielfalt auf dem Land zu stoppen und eine zukunftsfähige bäuerliche Landwirtschaft aufzubauen", sagte der Experte. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kann dem am Mittwochmorgen ausgehandelten Kompromiss wenig abgewinnen. "Wie so die Biodiversität geschützt und der Beitrag der Landwirtschaft zum Klimaschutz deutlich erhöht werden kann, bleibt ein Rätsel", sagte der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt. "Noch immer wird der größte Teil der Agrar-Milliarden aus Brüssel weitgehend wirkungslos mit der Gießkanne über Europas Äckern und Wiesen verteilt."

Unter Klöckners Vorsitz einigten sich die 27 Mitgliedsstaaten beim EU-Agrarrat in Luxemburg auf die Reform der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP). Die Bundesministerin sprach von einem "Meilenstein" und "Systemwechsel". "Erstmals führen wir für alle Staaten gleichermaßen einen verpflichtenden Standard für den Umwelt- und Klimaschutz ein", sagte die CDU-Politikerin. "Das ist ein fundamentaler Schritt hin zu mehr Nachhaltigkeit, Fairness und Wettbewerbsgerechtigkeit innerhalb der EU."

Der 387 Milliarden Euro große Agrarhaushalt macht etwa ein Drittel des gesamten EU-Budgets aus. Im Sommer 2018 hatte die EU-Kommission ihre Verordnungsentwürfe für die nächste Förderperiode der EU-Agrarpolitik von 2021 bis 2027 vorgestellt. Seitdem wird darüber im EU-Parlament und im Agrarrat diskutiert. Das Parlament hatte sich dafür ausgesprochen, 30 Prozent der Direktzahlungen für Öko-Regelungen auszugeben. Der Agrarrat sieht aber nur 20 Prozent vor. Im sogenannten Trilog-Verfahren müssen die Positionen verhandelt werden. Eine Einigung wird im Frühjahr 2021 erwartet.