Berlin (Reuters) - Die Ukraine kann in den nächsten Monaten auf rund 40 Schützenpanzer vom Typ Marder aus deutschen Beständen hoffen.

Sie sollten voraussichtlich bis Ende März geliefert werden, sagte der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin. Begründet wurde der Schritt mit einer neuen Lage im Krieg gegen Russland. Auch ein Patriot-Flugabwehrsystem soll an die Ukraine gehen. Unterdessen wurden in der Ampel-Koalition bereits Stimmen laut, noch schlagkräftigere Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 zur Verfügung zu stellen. Hier zeigte sich die Regierung aber zurückhaltend.

Der rund 40 Tonnen schwere Schützenpanzer Marder stammt aus den 1960er Jahren, er wird jedoch bis heute von der Bundeswehr genutzt. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) sprach von bis zu 40 Mardern, die sowohl aus Industrie- als auch Bundeswehrbeständen kommen sollen. "Die Schützenpanzermunition kommt zunächst aus Beständen der Bundeswehr." Ukrainische Soldaten müssen vor der Übergabe am Marder ausgebildet werden, wofür laut Hebestreit rund acht Wochen veranschlagt werden.

Ebenfalls im ersten Quartal soll ein Patriot-System übergeben werden. Auch hier soll die Ausbildung in Deutschland stattfinden. Die Lieferung erfolgt der Bundesregierung zufolge auf Bitten der USA. Generalleutnant Ingo Gerhartz sagte, dies sei ein Kraftakt für die Luftwaffe. Das Patriot-System soll die Ukraine besser gegen russische Drohnen- und Raketenangriffe schützen. Zwei Patriot-Staffeln wurden im März 2022 bereits in die Slowakei verlegt. Außerdem ist eine Stationierung in Polen geplant.

Russland hat die Ukraine am 24. Februar 2022 angegriffen und besetzt vor allem Gebiete im Osten und Süden des Landes. Die Bundesregierung hatte die neuen Waffenlieferungen am Donnerstagabend angekündigt, auch die USA und Frankreich wollen mehr liefern. Es gebe derzeit massive Luftschläge auf die ukrainische Infrastruktur, begründete Hebestreit die Entscheidung. Außerdem kämen die bisherigen Ringtausch-Lieferungen, bei denen mehrere europäische Staaten eingebunden sind, langsam an das Ende. Deswegen werde jetzt der neue Schritt gegangen, westliche Schützenpanzer plus Munition zu liefern.

Im Rahmen der Ringtauschprojekte wurden Dutzende ältere Panzer sowjetischer Bauart bereitgestellt. Hinzu kamen aus Deutschland auch Gepard-Flugabwehrkanonenpanzer sowie das IRIS-T-SLM-Luftverteidigungssystem.

LEOPARD 2 ALS NÄCHSTES DRAN?

Forderungen nach einer Lieferung modernerer Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 erteilte Regierungssprecher Hebestreit eine Absage. Dazu könne er im Moment nichts versprechen. Solche Forderungen seien auch nicht neu. Die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine habe beim jüngsten Telefonat von Bundeskanzler Olaf Scholz und US-Präsident Joe Biden keine Rolle gespielt.

Die Ukraine sollte bereits auch Schulungen zum Leopard 2 erhalten, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), zu NDR Info. "Sollte dieser in einer zweiten Tranche geliefert werden, verlieren wir nicht immer wieder Zeit." Es brauche auch für die kommenden Monate einen Plan. "Wir dürfen nicht wieder wochenlang warten. Dieser Krieg tobt täglich." Auch FDP-Chef Christian Lindner pochte auf mehr Tempo. Es sei wichtig, solche Beschlüsse im Kreis der Alliierten schneller herbeizuführen.

Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) sagte bei einem Besuch in Norwegen, alle funktionstüchtigen Marder sollten der Ukraine auch zur Verfügung gestellt werden. Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter, Vorsitzender des Europaausschusses, sagte in der ARD, es müssten auch Leopard 2 angeboten werden. "Die Strategie müsste sein, dass wir die Ukraine mit allem unterstützen, was sie auf dem Gefechtsfeld braucht, und dazu gehört noch deutlich mehr. Ich würde mir wünschen, dass als Hauptherstellungsland für den Leopard 2 wir eine europäische Initiative starten für die Lieferung von Leopard 2 und gemeinsam mit Europa schauen, was wir alles der Ukraine liefern können, damit sie die besetzten Gebiete befreien kann." Mindestens mit der Ausbildung von ukrainischen Soldaten am Leopard 2 sollte sofort begonnen werden.

(Bericht von Christian Krämer, Reinhard Becker, Alexander Ratz und Markus Wacket, redigiert von Kerstin Dörr Jörn Poltz.Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)