-- FDP nickt Koalitionsvertrag mit großer Mehrheit ab

-- Zuvor hatte SPD den Weg zur Ampel freigemacht

-- Grüne sollen am Montag folgen

(NEU: Aussagen von Lindner, Scholz und Esken)

BERLIN (Dow Jones)--Mit großer Zustimmung zum Koalitionsvertrag haben die Parteitage von SPD und FDP am Wochenende den Weg für die erste Regierungsübernahme durch eine Ampel-Koalition auf Bundesebene geebnet. Die SPD-Delegierten billigten das 177-seitige Vertragswerk am Samstag mit knapp 99 Prozent der Stimmen, der FDP-Parteitag stimmte ihm am Sonntag mit 92 Prozent zu. Bei den Grünen läuft dazu noch bis Montag eine Mitgliederbefragung. Die neue Regierung soll am Mittwoch ihr Amt antreten.

Das Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP werde dem Land nach 16 Jahren unter Führung der Union einen Aufbruch ermöglichen: Mit diesem Argument warben sowohl SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz als auch FDP-Chef Christian Lindner bei den Delegierten ihrer Parteien um Zustimmung.


   Lindner sieht Koalition der Mitte 

Lindner sagte bei dem FDP-Treffen: "Es ist ein Koalitionsvertrag für eine Politik der Mitte, der unser Land nicht nach links rückt, sondern nach vorne führen will." "Dies wird eine Regierung von drei Parteien, die mehr Fortschritt für Deutschland wagen wollen", sagte der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in einer Rede auf dem Sonderparteitag. Es böte sich nun die "Chance, dass ein Aufbruch für Deutschland stattfinden kann", so Scholz.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken erklärte, dass die SPD eine Mission habe. "Wir wollen das Leben der Menschen besser machen, das Land und die Gesellschaft voranbringen. Vorwärts ist unsere Richtung. Und genau das passiert jetzt mit der Bildung dieser Ampel", sagte Esken auf dem Parteitag.

Für SPD und FDP bedeutet die "Ampel" die erste Regierungszusammenarbeit auf Bundesebene seit dem Bruch der sozialliberalen Koalition 1982. Ein Dreierbündnis mit den Grünen gab es im Bund noch nie.

Linder nannte auf dem FDP-Parteitag fünf Projekte des Koalitionsvertrags, die besondere Bedeutung für seine Partei hätten: die Förderung des Aufstiegs durch Bildung, den klimafreundlichen Umbau zu einer "sozial-ökologischen Marktwirtschaft", die gesellschaftspolitische Liberalisierung, die Digitalisierung sowie eine solide Finanzpolitik in Deutschland und Europa.

Der FDP-Chef betonte, dass er in dem Koalitionsvertrag eine deutliche liberale Handschrift sehe. "In diesem Koalitionsvertrag sind viele Projekte und Anliegen der Freien Demokraten enthalten", sagte er. Er gehe sogar so weit zu sagen, in einer CDU-geführten Jamaika-Koalition "hätte es nicht mehr liberale Politik gegeben, als jetzt in dieser Ampel-Konstellation möglich ist".

Scholz und Lindner hoben vor ihren Delegierten hervor, dass der Koalitionsvertrag allen drei beteiligten Parteien viele Kompromisse abverlangt habe. Für alle habe es bedeutet, "sich einen Ruck zu geben", sagte Scholz. Den nun bevorstehenden Aufbruch verglich Scholz mit dem Amtsantritt des ersten SPD-Bundeskanzlers Willy Brandt 1969.


   Lindner sieht in Scholz "Führungspersönlichkeit" 

Lindner zollte Scholz persönlich Respekt: In den Koalitionsverhandlungen habe sich dieser als "Führungspersönlichkeit" bewährt, sagte der FDP-Chef. "Ich hebe hervor, dass insbesondere der designierte Bundeskanzler mit großem Geschick vermocht hat, zuvor Trennendes in sinnvoller Weise zu verbinden."

Als letzte der Ampel-Parteien wollen am Montag die Grünen ihr Votum zum Koalitionsvertrag bekannt geben. Dann soll das Ergebnis der Mitgliederabstimmung vorliegen, an der sich alle 125.000 Parteimitglieder beteiligen durften. Ebenfalls am Montag will die SPD die Besetzung der ihr zustehenden Ministerien bekannt geben. Am Dienstag dann soll der Koalitionsvertrag unterzeichnet werden, am Mittwoch soll die neue Regierung ihr Amt antreten.

Mit Material von AFP.

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December 05, 2021 10:43 ET (15:43 GMT)