-- Lindner will Inflationsentwicklung in nächsten Jahren beobachten

-- Künftiger Finanzminister: Finanzplanung für 2022 "unverändert auskömmlich"

-- Wirtschafts- und Währungsunion soll weiter Stabilität verpflichtet sein

-- Amtsübergabe von Scholz am Donnerstagmittag

(NEU: weitere Aussagen von Pressekonferenz)

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Der designierte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat eine Beobachtung der Inflationsentwicklung in den kommenden Jahren und deren Berücksichtigung in der künftigen Fiskalpolitik angekündigt. "Wir beobachten die Geldentwertung mit großer Aufmerksamkeit", sagte Lindner bei einer Pressekonferenz. Fraglos sei durch die Corona-Pandemie eine Reihe von Sondereffekten entstanden. "Nun wird man die Entwicklung in den nächsten Jahren beobachten müssen", betonte Lindner. "Die Fiskalpolitik der Bundesrepublik Deutschland wird darauf natürlich Rücksicht nehmen. Wir sehen insbesondere auch die Notenbankpolitik in diesem Zusammenhang."

Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) seien ja für den Dezember angekündigt. Lindner verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Entwicklung der Schuldenstände in den Ländern der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (WWU), die sich aufgrund der Pandemie stark erhöht hätten. "Deshalb haben wir eine Sensibilität, eine Situation der fiskalischen Dominanz auch zukünftig zu vermeiden", hob der designierte Finanzminister hervor. Die Notenbank müsse in der Lage sein, auf die Geldentwicklung auch mit ihren Instrumenten zu antworten.

Auch aus diesem Grunde solle die WWU "weiter dem Stabilitätsgedanken in Verbindung mit Bemühungen um Wachstum und Investitionen verpflichtet" sein. In diesem Sinne werde sich die künftige Bundesregierung auch in das Gespräch über die Überprüfung der Fiskalregeln im nächsten Jahr einbringen, kündigte Lindner an. Die künftige Regierung werde "in der langjährigen Kontinuität verbleiben, und deshalb für Stabilität eintreten".


   Erste Vorhaben werden geprägt durch Nachtragshaushalt 2021 

Die ersten Vorhaben seiner Amtszeit stellte Lindner unter den Vorbehalt eines Nachtragsbudgets für 2021 und finanzpolitischer "Leitplanken". Die ersten Vorhaben "werden geprägt sein durch den Nachtragshaushalt 2021, und über alle weiteren Fragen wird dann danach entschieden werden", sagte er bei der Pressekonferenz mit dem designierten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und dem künftigen Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach Unterzeichnung des Koalitionsvertrages der Ampel-Regierung.

Die Finanzplanung des bisherigen Finanzministers Scholz, die für 2022 Neuschulden über 81,5 Milliarden Euro vorsieht, nannte sein designierter Amtsnachfolger Lindner "vorausschauend". Sie enthalte auch Reserven für Unvorhergesehenes während der Pandemie. "Deshalb ist mit dem Wissen von heute ... die Finanzplanung für das kommende Jahr unverändert auskömmlich", betonte Lindner. Er bekräftigte, die künftige Regierung wolle dem Bundestag mit dem Nachtragshaushalt vorschlagen, "in diesem Haushaltsjahr nicht in Anspruch genommene Kreditermächtigungen in die Folgejahre zu übernehmen".

Mit Blick auf die Finanzierung der Vorhaben hätten SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag "klare Leitplanken beschrieben", betonte Lindner. "Wir wollen ab 2023 die Schuldenbremse wieder einhalten", bekräftigte er. "Auf der anderen Seite werden wir verzichten auf höhere Steuerbelastungen." Innerhalb dieser Leitplanken würden die Vorhaben der Koalition finanziert und "in eine finanzielle Prioritätenfolge" gebracht, wo dies noch nicht erfolgt sei.

Zu Personalfragen in seinem künftigen Ministerium wollte Lindner noch keine Angaben machen. Er kündigte aber an, zur Amtsübergabe sei er mit Scholz "für Donnerstagmittag verabredet".

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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December 07, 2021 06:52 ET (11:52 GMT)