--Haushaltsausschuss tagte bis zum Freitagmorgen

--Ausgaben von 498,62 Milliarden geplant

--Parlament will Budget am 11. Dezember beschließen

--Kritik der Opposition

(NEU: weitere Details, Reaktionen)

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Der Bund plant für 2021 angesichts der Coronavirus-Pandemie und der damit verbundenen Finanzhilfen eine Neuverschuldung von 179,82 Milliarden Euro. Darauf hat sich der Bundestags-Haushaltsausschuss geeinigt. Die Budgetexperten hatten die Details zum Budget bei ihrer sogenannten Bereinigungssitzung festgeschrieben, die von Donnerstag bis zum Freitagmorgen gedauert hatte. Koalitionsvertreter verteidigten die höhere Schuldenaufnahme, forderten aber auch eine Beteiligung der Länder an den Corona-Kosten. Die Opposition kritisierte den Budgetplan.

Der bisherige Etatentwurf von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte 96,2 Milliarden Euro an neuen Schulden vorgesehen, nach 218,5 Milliarden 2020. In einer Vorlage für die Sitzung war das Finanzministerium Anfang der Woche dann von gut 160 Milliarden ausgegangen, worin aber die Kosten für die Abfederung der zuletzt beschlossenen Beschränkungen noch nicht eingerechnet waren. Scholz hat aber schon betont, dass für 2020 nicht alle eingeräumten Mittel ausgegeben würden. Berichten zufolge könnte die Nettokreditaufnahme 2020 eher zwischen 160 und 200 Milliarden Euro liegen.

Der Budgetplan für 2021, den das Parlament am 11. Dezember im Plenum beschließen will, sieht nun Ausgaben von 498,62 Milliarden Euro vor. Unter anderem werden nach dem Plan die Mittel für Corona-Unternehmenshilfen um 37,5 Milliarden auf 39,5 Milliarden Euro und Gelder für eine Corona-Vorsorge als globale Mehrausgabe um 30 Millliarden auf 35 Milliarden Euro erhöht. Im Ressort von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sind insgesamt gut 11 Milliarden Euro mehr eingeplant. Die Investitionen erhöhen sich auf 61,85 Milliarden von geplanten 55,17 Milliarden Euro. Für die Steuereinnahmen wird nun mit 292,79 Milliarden gerechnet - 824 Millionen mehr als im Entwurf.

Koalitionsvertreter verteidigten die Neuschulden. "Der Bundeshaushalt 2021 steht ganz im Zeichen der Corona-Pandemie", erklärte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg. "Wir stellen noch einmal sehr viel mehr Geld für den Gesundheitsschutz und die umfangreichen Wirtschaftshilfen bereit." Auf Bitten der Bundesregierung hätten die Koalitionsfraktionen die Ausgaben gegenüber dem Regierungsentwurf vom September um rund 85 Milliarden Euro angehoben.


   Länder sollen sich finanziell beteiligen 

"Wir müssen erneut die Ausnahmeregel von der Schuldenbremse in Anspruch nehmen", betonte Rehberg. Die hohen Schulden seien erforderlich, "um unser Land sicher durch die Jahrhundert-Pandemie zu bringen". Jedoch habe die Belastung des Bundes zur Abfederung der Corona-Pandemie Grenzen. "Es ist nicht länger hinnehmbar, dass sich die Länder ihrer finanziellen Verantwortung entziehen", betonte der CDU-Politiker und forderte die Regierung auf, unverzüglich in Verhandlungen mit den Ländern über eine finanzielle Beteiligung an den Wirtschaftshilfen zu treten.

Die Opposition übte Kritik. "Dieser Haushalt hat eine soziale Schieflage", bemängelte der Grünen-Budgetsprecher Sven-Christian Kindler. Es sei ein besonderer Haushalt angesichts der Schwere der Pandemie, aber im Kern sei es "ein enttäuschender Haushalt", mit dem die Koalition weiter "auf Sicht" fahre. Arbeitslose und Soloselbstständige würden im Regen stehen gelassen, und zudem gebe es keine verlässliche Investitionsstrategie der Regierung.

Ab 2022 werde es "große Lücken in der Finanzplanung" geben. Kindler verlangte längere und flexiblere Tilgungsfristen und einen Verzicht auf Streichungen im Sozialbereich. "Nach der Bazooka darf nicht die Abrissbirne kommen", mahnte er. Zudem sei der Haushalt auch wegen des Verzichts auf eine Streichung klimaschädlicher Subventionen "eine Gefahr für das Klima". Auch Kindler verlangte, die Länder sollten sich stärker beteiligen.


   Rückkehr zur Schuldenbremse fraglich 

"Das ist kein sozialer Haushalt", betonte auch Linke-Budgetexpertin Gesine Lötzsch. "Es ist ein Wahlkampfhaushalt, und die entscheidende Frage, wer zahlt die Rechnung, bleibt offen." Die Linke schlage eine Vermögensabgabe vor. "Absurd" sei die Vorstellung, 2022 wieder zur Schuldenbremse zurückzukehren. "Daran glaubt im Ernst niemand." Beide rechneten mit einem möglichen Nachtragshaushalt.

Der AfD-Budgetexperte Peter Boehringer kritisierte den Haushaltsplan und auch generell die Corona-Politik der Regierung. "Es gibt keinerlei Einsparungsbemühungen", monierte er. Das sage auch der Bundesrechnungshof. In der Corona-Politik könne man "Wertschöpfung, also Bruttoinlandsprodukt, nicht durch Geldschöpfung ersetzen", erklärte der Vorsitzende des Haushaltsausschusses. "Das Ende des Lockdowns kann haushalterisch dieses Land retten", meinte er.

Der FDP-Budgetexperte Otto Fricke betonte, die Neuverschuldung sei "mehr als doppelt so hoch wie nötig". Dass es anders gehe, habe die FDP-Fraktion mit 527 Anträgen konkret gezeigt. Wäre die große Koalition diesen gefolgt, "hätte ein Entlastungsvolumen von mehr als 36 Milliarden Euro beschlossen und somit ein Konjunkturboost durch private und unternehmerische Investitionen ausgelöst werden können", sagte Fricke. "Zudem hätten wir unseren Kindern und Enkeln über 100 Milliarden Euro weniger Schulden hinterlassen."

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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November 27, 2020 05:27 ET (10:27 GMT)