TUNIS (dpa-AFX) - In Tunesien haben Hunderte Menschen wegen eines starken Anstiegs der Corona-Infektionen im Land protestiert und den Rücktritt der Regierung sowie die Auflösung des Parlaments gefordert. In der Hauptstadt Tunis blockierten Sicherheitskräfte am Sonntag die Straßen nahe dem Parlamentsgebäude. Hunderte drangen laut Augenzeugen trotzdem bis dorthin vor. Teils kam es dabei zu Rangeleien zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Auch in anderen Teilen des Landes kam es zu Protesten. Berichte über Verletzte gab es zunächst nicht.

Tunesien erlebt derzeit einen starken Anstieg der Corona-Fallzahlen. Bisher wurden 555 000 Corona-Infektionen und etwa 18 000 Todesfälle gemeldet. Frankreich, Italien, Spanien sowie Länder im arabischen Raum lieferten Impfstoff, Beatmungsgeräte und anderes medizinisches Material, um das kleine Mittelmeerland zu unterstützen. Die Impfungen kommen nur langsam voran. Der Statistik-Website "Our World in Data" zufolge wurden bisher nur etwa sieben Prozent der Bevölkerung vollständig gegen das Coronavirus geimpft.

Der Slogan "Das Volk will den Sturz des Regimes", der bei den Protesten zu Beginn der arabischen Aufstände vor zehn Jahren populär wurde, war am Sonntag erneut in Tunis zu hören. Damals hatten anhaltende Massenproteste zur Flucht von Langzeitherrscher Zine El Abidine Ben Ali geführt. Andere riefen Slogans gegen die islamisch-konservative Ennahda, die größte Partei im Land.

Tunesien hat seit den Aufständen von 2011 als einziges Land der Region den Übergang in die Demokratie geschafft. Das Land leidet aber unter einer schweren Wirtschaftskrise, die vor allem die Jüngeren trifft. Die Corona-Pandemie hat die Lage verschärft. Das Misstrauen vieler Tunesier gegen die herrschende Elite ist groß. Seit Januar kam es wieder zu Protesten im Land. Sie richten sich unter anderem gegen die hohe Arbeitslosigkeit, Armut und Korruption./jot/DP/he