BERLIN (Dow Jones)--Das Geschäftsklima von deutschen Unternehmen mit Russlandgeschäft ist so positiv wie seit vielen Jahren nicht mehr. Eine überwältigende Mehrheit von 95 Prozent der Unternehmen bewertet ihr Russlandgeschäft als sehr gut, gut oder befriedigend, wie aus der Umfrage der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK) hervorgeht. Gut zwei Drittel erwarten eine positive oder leicht positive Entwicklung der russischen Wirtschaft im zweiten Halbjahr, so die AHK.

"Die Ergebnisse der AHK-Geschäftsklimaumfrage fallen viel besser aus als in den Vorjahren. Wir rechnen mit einem Post-Corona-Boom der russischen Wirtschaft, von dem auch die fast 4.000 deutschen in Russland registrierten Firmen profitieren werden", sagte AHK-Vorstandschef Matthias Schepp.

Das größte Wachstum erwarten die deutschen Unternehmen in den Branchen IT und Telekom, Land- und Ernährungswirtschaft sowie Gesundheitswirtschaft.


   Neue Stellen und höhere Investitionen 

Mehr als die Hälfte der Unternehmen will mehr Mitarbeiter einstellen, lediglich drei Prozent planen Entlassungen. Auch kündigte knapp die Hälfte der Unternehmen an, in den nächsten zwölf Monaten ihre Investitionen in Russland auszubauen.

"Nach schwierigen Jahren, die von Corona, Sanktionen und politischen Konflikten geprägt waren, sind die deutschen Unternehmen in Russland auf Wachstumskurs und holen offenkundig verschobene Investitionen in Milliardenhöhe nach", sagte Schepp.

Laut der Bundesbank betrugen die deutschen Nettodirektinvestitionen in Russland im ersten Quartal 2021 rund 1,1 Milliarden Euro.

Kritisch bewerten die Unternehmen die Sanktionen gegen Russland, die aufgrund der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim verhängt wurden. Diese zählten zu den größten Störfaktoren im Russlandgeschäft und würden von der deutschen Wirtschaft scharf abgelehnt, so die AHK. Von den befragten Unternehmen forderten 33 Prozent ein sofortiges Ende der Russlandsanktionen, 60 Prozent einen schrittweisen Abbau.

Rainer Seele, Präsident der AHK, forderte die Politiker auf, neue Wege zur Deeskalation zu finden. "Sanktionen schaden der Wirtschaft und haben nicht geholfen, politische Ziele zu erreichen", so Seele.


   Nord Stream 2 unbedingt nötig 

Auch bei der umstrittenen russisch-deutschen Gaspipeline Nord Stream 2 positionierten sich die Unternehmen klar für die Röhre. Danach halten 94 Prozent der befragten deutschen Unternehmen die Gasverbindung für wichtig oder sogar unverzichtbar für die europäische Energieversorgung, 97 Prozent sind der Meinung, dass die Bundesregierung die Fertigstellung und Inbetriebnahme politisch durchsetzen muss.

"Nord Stream 2 ist unbedingt notwendig als Brückentechnologie auf dem Weg zur Energiewende", sagte Seele. "Die Pipeline genießt nicht nur die Unterstützung der deutschen Wirtschaft, sondern bei der Mehrheit der gesamten deutschen Bevölkerung."

Für die Umfrage wurden zwischen Mai und Juni die 1.000 Mitglieder der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer befragt.

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June 23, 2021 04:38 ET (08:38 GMT)