Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Die deutschen Steuereinnahmen sind im Dezember 2022 um 2,4 Prozent gesunken, nachdem sie in den Vormonaten noch gestiegen waren. Das gab das Bundesfinanzministerium bekannt. "Zum Minus trug allerdings ein Sondereinfluss bei der Einfuhrumsatzsteuer maßgeblich bei", erklärte das Ministerium in seinem Monatsbericht. Hier sei der Vorjahreswert aufgrund eines kassentechnischen Effekts deutlich erhöht gewesen.

Einnahmerückgänge verzeichneten demnach neben den Steuern vom Umsatz, bei denen sich zusätzlich zum Sondereinfluss bei der Einfuhrumsatzsteuer auch die temporäre Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gas und Fernwärme aufkommensmindernd ausgewirkt habe, auch die nicht veranlagten Steuern vom Ertrag sowie die Abgeltungssteuer auf Zins- und Veräußerungserträge. Dem standen laut Finanzministerium Aufkommenszuwächse vor allem bei der Lohn- und Körperschaftsteuer gegenüber.

Der Bund verbuchte im Dezember 11,2 Prozent weniger an Steuereinnahmen und erreichte ein Aufkommen von 47,0 Milliarden Euro. Die Länder nahmen hingegen mit 51,1 Milliarden Euro um 4,0 Prozent mehr an Steuern ein. Insgesamt belief sich das Steueraufkommen im Dezember auf knapp 108,9 Milliarden Euro. Im November waren die Steuereinnahmen noch um 2,0 Prozent gegenüber Vorjahr gewachsen und im Oktober um 6,1 Prozent.

Im Gesamtjahr 2022 nahmen die Steuereinnahmen um 7,1 Prozent auf 814,9 Milliarden Euro zu. Der Bund verbuchte ein Plus von 7,5 Prozent, und die Länder verzeichneten einen Zuwachs um 8,3 Prozent. Der Zuwachs im Jahr 2022 war laut den Angaben zum Teil bedingt durch die im ersten Halbjahr 2022 noch schwache Vergleichsbasis 2021 infolge der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie sowie der ergriffenen steuerlichen Maßnahmen. So stiegen die Steuereinnahmen insgesamt im ersten Halbjahr um 17,5 Prozent gegenüber Vorjahreszeitraum an. Im zweiten Halbjahr hätten sich zudem steuerliche Entlastungen, wie das Steuerentlastungsgesetz 2022 oder das Energiesteuersenkungsgesetz, einnahmemindernd ausgewirkt.


Konjunkturabschwächung wohl kürzer und milder 

Zur Konjunkturentwicklung erklärte das Ministerium, mit dem vom Statistischen Bundesamt gemeldeten Wachstum von 1,9 Prozent im Jahr 2002 habe die deutsche Wirtschaft den schwierigen Rahmenbedingungen "noch besser trotzen" können, als zwischenzeitlich angenommen worden sei. "Der Anstieg lag spürbar über den Erwartungen der im Herbst veröffentlichten Konjunkturprognosen." Die Abschwächung der gesamtwirtschaftlichen Dynamik dürfte, dank massiver staatlicher Stabilisierungsmaßnahmen sowie deren Anpassungen an die hohen Energiepreise und der damit verbundenen Einsparungen von Gas "kürzer und milder ausfallen als im Herbst erwartet".

Im Jahresverlauf 2022 ergaben sich laut dem Ministerium dabei preis-, kalender- und saisonbereinigte Veränderungsraten des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 0,8 Prozent im ersten Quartal, 0,1 Prozent im zweiten und 0,4 Prozent im dritten Quartal. "Zum Jahresende dürfte das BIP angesichts der Belastungen durch hohe Energiepreise und Inflationsraten wohl in etwa unverändert geblieben sein", erwarteten die Konjunkturexperten von Finanzminister Christian Lindner (FDP).

Zur Inflationsentwicklung erklärten die Ökonomen des Ministeriums, die hohe Kerninflation spiegele auch die anhaltende Weitergabe der im Jahresverlauf stark gestiegenen Erzeugerpreise wider, vor allem für Energiegüter. "Daher ist auch zu Jahresbeginn 2023 zunächst noch mit stark erhöhten Inflationsraten zu rechnen", konstatierten sie. Gleichzeitig seien die Preise für Energie und insbesondere Gas an den europäischen Märkten in den vergangenen Monaten deutlich gefallen.

Zudem wirkten sich im laufenden Jahr die Gas- und Strompreisbremse dämpfend auf die Entwicklung der Verbraucherpreise für Energie aus. Basiseffekte aus den starken Preissteigerungen nach Beginn des Ukraine-Kriegs liefen in den nächsten Monaten aus. Insgesamt sei "so im weiteren Jahresverlauf 2023 nach aktueller Einschätzung mit wieder abnehmenden Inflationsraten zu rechnen".

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January 26, 2023 18:00 ET (23:00 GMT)