Berlin (Reuters) - Die ohnehin durch Niedrigwasser angespannte Lage für die Schifffahrt auf dem Rhein hat sich am Mittwoch durch die Havarie eines Güterschiffes verschärft.

Nach einem Maschinenausfall blockierte ein Frachter seit morgen 01.30 Uhr den Mittelrhein zwischen St. Goar und Oberwesel (Rheinland-Pfalz). Das zog einen Stau auf der meistbefahrenen deutschen Wasserstraße nach sich: Dutzende Schiffe seien davon betroffen, sagte Thomas Weckop vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Rhein der Nachrichtenagentur Reuters. Am Nachmittag wurde das kaputte Schiff in Richtung Bingen zum dortigen Havarieliegeplatz gezogen - allerdings nur mit einem Tempo von drei Stundenkilometern, weshalb es erst zwischen 19.00 und 20.00 Uhr dort ankommen sollte. "Die niedrige Geschwindigkeit ist auch den sehr niedrigen Wasserständen geschuldet", sagte Weckop. Während Frachter dem havarierten Schiff flussaufwärts mit gebührendem Abstand folgen konnten, blieb die Strecken in der Gegenrichtung aus Sicherheitsgründen vollständig gesperrt.

Bei dem seit Tagen anhaltenden Niedrigwasser zeichnet sich zumindest eine zeitweise Entspannung ab. "Innerhalb der nächsten Tage steigen die Wasserstände aufgrund der angekündigten Niederschläge im gesamten Rheineinzugsgebiet wieder an", teilte das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Rhein mit. Die 14-Tage-Vorhersage deute darauf hin, dass die Wasserstände bis Ende der nächsten Woche "um 50 Zentimeter und mehr steigen". Völlige Entwarnung gibt das Amt allerdings nicht, da die Wasserstände "nach dem Durchlauf der Welle wieder abklingen". Aktuell befänden sich die Wasserstände an Mittel- und Niederrhein auf einem für diese Jahreszeit außergewöhnlich niedrigen Niveau. "Sie sind Folge der fehlenden Niederschläge der vergangenen Wochen und Monate", wie es hieß.

UNTER DER NULLMARKE

Der Pegelstand am Niederrhein war ist in Emmerich erstmals unter die Nullmarke gefallen. Bei der Messung am Mittwochmorgen um 05.00 Uhr wurde das Rekordtief von minus zwei Zentimetern gemessen, wie die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) über das Portal Elwis mitteilte. Schifffahrt blieb trotz der Ausnahmesituation bis zuletzt aber weiterhin möglich: Der Pegelstand ist nicht gleichbedeutend mit der für die Schifffahrt entscheidenden Fahrrinnentiefe. Diese lag in Emmerich zuletzt bei knapp unter zwei Metern.

Die anhaltende Trockenheit bedroht aus Sicht des Verkehr- und des Wirtschaftsministeriums auch die Versorgungssicherheit. Denn vorübergehend soll Kohle und Öl als Ersatz für Gas eingesetzt werden. Wegen der niedrigen Pegelstände droht die Belieferung von Kraftwerken und Firmen auf dem Wasserweg auszufallen. Deshalb soll eine Verordnung einen vorrangigen Transport auf der Schiene sicherstellen.

VORRANG FÜR DIE KOHLE

Wenn es Knappheiten gebe, "dann bedeutet das, dass man das Wichtigste zuerst fahren lassen muss", sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing in der ARD. Dazu gehörten beispielsweise Kohletransporte für Kraftwerke. Die geplante Verordnung könnte dazu führen, dass es beim ohnehin angespannten Personenverkehr auf der Schiene noch mehr ruckelt. "Wenn es dazu kommen sollte, dass wir die Priorisierung der Kohletransporte aktivieren müssen, dann kann es dazu kommen, dass am Ende auch ein Personenzug warten muss."

Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte, dass die Transportverordnung unabhängig von den Pegelständen im Rhein beschlossen werden soll. Sie solle die Versorgung der Kraftwerke sicherstellen, die möglicherweise noch ans Netz genommen werden müssen.

(Bericht von Rene Wagner und Andreas Rinke.; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)