BERLIN (Dow Jones)--Die Energiebranche hat scharfe Kritik an den Plänen von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) für den Aufbau reiner Wasserstoffnetze geübt. Der Gesetzentwurf, mit dem das Energiewirtschaftsrecht erneuert werden soll, werde den Erfordernissen eines ganzheitlichen Ansatzes "in keiner Weise gerecht", erklärte der Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Die Stadtwerke monieren insbesondere, dass die bereits vorhandenen Gasverteilnetze nicht ausreichend berücksichtigt würden.

Das Wirtschaftsministerium hatte den Verbänden nur eine Frist von vier Werktagen für eine Stellungnahme gegeben, trotzdem fällt das Urteil harsch aus: Der Entwurf sei "volkswirtschaftlich ineffizient", behindere den Transformationspfad "und gefährdet damit den Umbau der bestehenden Gasverteilnetze zu einer leistungsfähigen, klimafreundlichen Versorgungsstruktur", erklärte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. Altmaier will mit dem Vorstoß Wasserstoffnetze gesondert regulieren. Laut dem Verband sollen die Betreiber allerdings selbst wählen, ob sie sich den Regulierungsvorgaben unterwerfen oder nicht. Das ist aus Sicht der Stadtwerke "nicht nachvollziehbar".

Sie empfehlen stattdessen, Gas im Energiewirtschaftsgesetz ganzheitlich so zu definieren, dass der Begriff sowohl Erdgas, Biogas als auch Wasserstoff umfasst. "Dann können die bisher bewährten Regulierungsvorgaben für Gasnetzbetreiber auch verpflichtend für Wasserstoffnetze angewendet werden", betonte der VKU-Chef. Was jetzt versäumt werde, lasse sich später nur schwer korrigieren. "Die Bundesregierung sollte daher das 'Wasserstoffschiff' auf einen Kurs bringen, der die Dekarbonisierung aller Wirtschaftsbereiche optimal ermöglicht", so Liebing.

Die Offshore-Windbranche begrüßte es indes, dass eine separate Infrastruktur für Wasserstoffnetze neben die bisherigen Erdgasnetze treten könne. Denn damit werde - anders als bei einer Vermischung beider Stoffe - sichergestellt, "dass die hohe Wertigkeit des Energieträgers Wasserstoffs erhalten bleibt", heißt es in der Stellungnahme des Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore (BWO) zum Gesetzentwurf. Als Nachteil dieser Regelung bezeichnete der Verband jedoch, dass solange Wasserstoff gegenüber Erdgas nicht wettbewerbsfähig sei, auch der Aufbau einer neuen eigenständigen Wasserstoffnetz-Infrastruktur kein Selbstläufer sei. Damit werde eine weitere begleitende Förderung erforderlich.

"Um Lock-in Effekte zu vermeiden muss der Fokus aber gleich von Anfang an auf grünem Wasserstoff liegen", erklärte BWO-Geschäftsführer Stefan Thimm. "Denn nur mit Hilfe von Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen können wir unser gemeinsames europäisches Ziel der vollständigen Dekarbonisierung bis 2050 erreichen."

Kontakt zur Autorin: petra.sorge@wsj.com

DJG/pso/jhe

(END) Dow Jones Newswires

January 28, 2021 10:32 ET (15:32 GMT)