KIEW/BERLIN/HELSINKI (dpa-AFX) - Die Berliner Polizei bereitet sich auf einen Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj Mitte Mai in Berlin vor. Er wolle übernächstes Wochenende auf Einladung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in die Hauptstadt kommen, sagte eine Sprecherin der Berliner Polizei am Mittwoch auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Die Zeitung "B.Z." hatte zuerst über den geplanten Besuch berichtet.

Unterdessen häufen sich vor der erwarteten ukrainischen Gegenoffensive Anschläge auf russische Infrastruktur. Nach mehreren Drohnenangriffen am Wochenende hat Russland der Ukraine am Mittwoch einen versuchten Anschlag auf Präsident Wladimir Putin vorgeworfen.

Bundesregierung bestätigt Selenskyjs Besuch zunächst nicht

Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte auf Anfrage zu einem möglichen Selenskyj-Besuch in Berlin, zu den Terminen des Bundeskanzlers äußere man sich erst am Freitag der Vorwoche. Am 14. Mai soll Selenksyj zudem in Aachen den Karlspreis erhalten. Die Veranstalter hatten angegeben, sich auf eine persönliche Teilnahme des Präsidenten vorzubereiten, diese sei aber noch offen. Normalerweise werden die seltenen Auslandsbesuche des ukrainischen Präsidenten nicht lange vorher angekündigt. Der Karlspreis der Stadt Aachen wird seit 1950 an Persönlichkeiten verliehen, die sich um die Einheit Europas verdient gemacht haben.

Es wäre der erste Besuch Selenskyjs in Deutschland nach dem Angriff Russlands auf die gesamte Ukraine im Februar 2022. In Deutschland war er zuletzt im Juli 2021, um die damalige Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu besuchen. Am Mittwoch traf Selenskyj zu einem unangekündigten Besusch in der finnischen Hauptstadt Helsinki ein.

Kreml wirft Ukraine versuchten Drohnen-Anschlag auf Putin vor

Russland warf der Ukraine einen versuchten Anschlag auf Kremlchef Wladimir Putin vor. In der Nacht zu Mittwoch seien zwei Drohnen zum Absturz gebracht worden, die auf das Kreml-Gelände zugeflogen seien, teilte das russische Präsidialamt mit. Putin sei jedoch nicht im Kreml gewesen. "Wir betrachten diese Handlungen als einen geplanten Terrorakt und Anschlag auf das Leben des Präsidenten der Russischen Föderation", stand in einer Mitteilung des Kreml. "Die russische Seite behält sich das Recht vor, Gegenmaßnahmen zu ergreifen." Von ukrainischer Seite gab es zunächst keine Reaktion.

In sozialen Netzwerken war in der Nacht ein Video aufgetaucht, das eine kleine Rauchwolke in der Nähe des Kremls zeigt. Später kursierte zudem ein Clip, der den Moment der Zerstörung durch die Luftabwehr zeigen soll. Die Aufnahmen konnten zunächst nicht verifiziert werden. Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin erklärte, ab sofort gelte in der russischen Hauptstadt ein komplettes Drohnen-Verbot.

Vor erwarteter Gegenoffensive: Anschläge in Russland häufen sich

In den vergangenen Tagen haben sich Anschläge auf die russische Infrastruktur gehäuft. Am Wochenende wurde mit einer Drohne ein Treibstofflager auf der Krim in Brand gesetzt. In der westrussischen Region Brjansk entgleisten kurz nacheinander zwei Güterzüge nach Explosionen. Im Süden Russlands östlich von der Krim geriet in der Nacht zu Mittwoch ein weiteres Treibstofflager in Brand. Die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass berichtete auch hier von einem Drohnenangriff.

Die betroffenen Regionen liegen alle in der Nähe zur Ukraine, gegen die Russland seit mehr als 14 Monaten einen Angriffskrieg führt. Eine Gegenoffensive zur Befreiung der von Russland besetzten Gebiete wird in naher Zukunft erwartet. Die Anschläge könnten Teil der ukrainischen Vorbereitungen sein.

Selenskyj überraschend in Helsinki - Dank für finnische Unterstützung

Bei seinem überraschenden Besuch in Helsinki dankte Selenskyj der finnischen Gesellschaft für die anhaltende Unterstützung seines Landes und seines Volkes. Bei einer Pressekonferenz mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö zeigte sich Selenskyj zuversichtlich, dass Kiew auch bald westliche Kampfjets erhalten werde. "Bald werden wir in die Offensive gehen und danach wird man uns Flugzeuge geben", sagte der 45-Jährige.

Niinistö äußerte sich auf eine Frage zu Kampfjetlieferungen mit Blick auf die veralteten Hornet-Jets Finnlands zurückhaltend. Selenskyj entgegnete mit einem Lächeln: "Aber uns gefallen Ihre Flugzeuge, nur damit Sie es wissen." Für den Mittwochnachmittag hatte Niinistö auch die Regierungschefs Schwedens, Norwegens, Dänemarks und Islands zu einem Treffen mit Selenskyj eingeladen.

Tote durch russischen Beschuss im südukrainischen Gebiet Cherson

Durch russischen Beschuss wurden im südukrainischen Gebiet Cherson mindestens sieben Menschen getötet. Mindestens acht weitere Personen seien verletzt worden, teilten der Militärgouverneur des Gebiets, Olexander Prokudin, mit. In der Gebietshauptstadt ist demnach ein Baumarkt und der Bahnhof unter Beschuss geraten. Der Eisenbahn zufolge wurde dabei auch ein Waggon des Zugs nach Lwiw getroffen und ein Schaffner verletzt. Die Passagiere hätten sich zu dem Zeitpunkt in einem Schutzkeller befunden.

Milliardensumme soll Munitionsproduktion in EU ankurbeln

Die europäische Rüstungsindustrie soll mit finanziellen Anreizen in Milliardenhöhe zu einem schnellen Ausbau der Produktionskapazitäten für Munition bewegt werden. Nach einem am Mittwoch von der EU-Kommission präsentierten Vorschlag sollen bis Mitte 2025 für Zuschüsse bis zu 500 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt zur Verfügung gestellt werden. Weitere 500 Millionen würden den Planungen zufolge als Kofinanzierung von den Mitgliedstaaten kommen. Hintergrund der Pläne sind insbesondere die Schwierigkeiten der EU-Staaten, der Ukraine ausreichend Munition für den Abwehrkrieg gegen Russland zu liefern.

Selenskyj: Habe nicht vorab von US-Datenleck erfahren

Selenskyj wurde nach eigenen Angaben nicht vorab von den USA über das brisante Datenleck mit im Internet kursierenden Geheimdokumenten informiert. Das geht aus dem Auszug eines Interviews der "Washington Post" mit dem ukrainischen Präsidenten hervor, den die Zeitung am Dienstag auf ihrer Webseite veröffentlichte. "Ich bin vorab nicht aus dem Weißen Haus oder dem Pentagon informiert worden", sagte Selenskyj demnach. "Wir hatten diese Informationen nicht, auch ich persönlich hatte sie nicht." Das sei eindeutig eine schlechte Sache./haw/DP/jha