Bern (awp) - Die Schweizer Wirtschaft ist wegen der zweiten Corona-Welle im ersten Quartal zwar leicht geschrumpft. Im Vergleich mit dem Ausland oder mit den Erwartungen zu Beginn des Jahres hat sie sich aber gut gehalten. Und dank den jüngsten Lockerungen wächst sie wohl schon jetzt wieder deutlich.

Das Bruttoinlandprodukt (BIP) sank in der Periode von Januar bis März 2021 gegenüber dem Vorquartal um 0,5 Prozent, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Dienstag mitteilte. Vor allem im Dienstleistungssektor sei die Wertschöpfung im Zuge der verschärften Corona-Massnahmen im ersten Quartal markant gesunken.

Der private Konsum war entsprechend stark rückläufig (-3,3%). Dagegen wuchs die Industrie kräftig (Verarbeitendes Gewerbe +4,9%) und verhinderte einen deutlicheren Rückgang des BIP. Ein Konjunktureinbruch vergleichbar mit jenem vom Frühjahr 2020 sei daher ausgeblieben, so das Seco.

Wirtschaftsstruktur hilft

Der Rückgang fiel im Rahmen der Erwartungen von Ökonomen aus, war aber deutlich geringer als noch vor ein paar Monaten erwartet. "Das hat zum einen mit dem Nachholeffekt im Detailhandel zu tun, der im März eher früher als erwartet wieder vollständig öffnen konnte", sagte Ronald Indergand, Leiter des Ressorts Konjunktur, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP.

Aber auch die starken Impulse aus dem Ausland, vor allem aus China und USA, hätten einen positiven Einfluss gehabt. "Die Auslandnachfrage hat zum Beispiel eine diametral andere Rolle gespielt als beim ersten Lockdown, als die Lieferketten unterbrochen waren", so Indergand.

Gemäss seinen Berechnungen war die Auslandnachfrage im ersten Halbjahr 2020 für rund ein Drittel des Einbruchs verantwortlich. Im ersten Quartal 2021 habe sie hingegen stark nach oben gezogen. So kam von der Industrie ein Wachstumsimpuls für das BIP von rund 0,9 Prozentpunkten.

Auch im Vergleich zum Ausland - etwa zu den Nachbarländern Deutschland und Österreich - ist die Schweiz relativ gut durch die zweite Welle gekommen. Diese Länder hatten bekanntlich ein deutlich restriktiveres Corona-Regime und einen längeren Lockdown. Die Schweiz profitierte laut Indergand aber auch von einer besseren Wirtschaftsstruktur mit einer starken Pharmaindustrie und einen etwa im Vergleich mit Österreich deutlich geringeren Tourismus-Anteil.

Industrie bereits über Vorkrisenniveau

Bezogen auf die Sektoren verzeichnete das Gastgewerbe (-30,4%) im Berichtsquartal den klar grössten Einbruch. Das ist allerdings wenig überraschend, mussten die Gastronomie-Betriebe doch geschlossen bleiben und die internationale Reisetätigkeit verharrte auf einem sehr tiefen Niveau. Auch die Bereiche Kunst, Unterhaltung und Erholung, Gesundheits- und Sozialwesen Transport und Kommunikation waren rückläufig.

Die Industrie blickt derweil auf eine ausgesprochen positive Quartalsentwicklung zurück. Sowohl die Wertschöpfung als auch die Exporte hätten insgesamt das Vorkrisenniveau bereits wieder überschritten, so das Seco.

Gemäss Indergand ist die Schweiz aktuell noch gut 2 Prozent vom Vorkrisenniveau entfernt. In den kommenden zwei Quartalen könnte dieses wieder erreicht werden, meint er. "Sicher ist, dass im zweiten Quartal eine deutliche Erholung einsetzen wird, vermutlich mit Wachstumsraten von deutlich über 1 Prozent", sagte er. Getrieben werde die Nachfrage dabei weiterhin vom Ausland, aber auch von den weiteren Öffnungen (Restaurants u.a.) im zweiten Quartal. 

Die deutliche Erholung zeichnet sich ebenfalls ab im Index zur wöchentlichen Wirtschaftsaktivität (WWA), der ebenfalls vom Seco veröffentlicht wird und zeitnahe Informationen zur Entwicklung der Schweizer Wirtschaft liefert. Er ist zuletzt markant gestiegen. Die BIP-Zahlen zum zweiten Quartal werden allerdings erst Anfang September veröffentlicht.

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