Zürich (awp) - Im Schweizer Detailhandel ist 2019 gleich viel umgesetzt worden wie im Vorjahr. Und auch der Personalabbau konnte unter dem Strich gestoppt werden. Doch aufatmen können die stationären Händler trotzdem nicht. Neue Konzepte sind gefragt, um gegen die Konkurrenz zu bestehen.

Insgesamt verharrten die Umsätze im hiesigen stationären Detailhandel 2019 auf Vorjahresniveau. Zu diesem Schluss kommt die jährliche Detailhandels-Studie "Retail Outlook", die die Credit Suisse am Dienstag gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen Fuhrer & Hotz an einer Medienkonferenz vorstellte.

Zudem konnte die seit 2015 andauernde Schrumpfkur beim Personal gestoppt werden. Im Jahr 2019 sei der Abwärtstrend endlich zu einem Stillstand gekommen und die Beschäftigtenzahlen hätten in etwa auf dem Vorjahresniveau verharrt, heisst es in der Studie.

Doch all das kann laut Martin Hotz von Fuhrer & Hotz nicht darüber hinwegtäuschen, dass "das Haus brennt". Bei den Gewinnen gäben sich die Händler bedeckter. "Doch sie schmelzen wie das Eis an der Sonne." Mit dem Aufkommen der Rabatttage wie Black Friday oder Cyber Monday habe sich das Weihnachtsgeschäft für viele Detailhändler stärker in den November vorverschoben. "Dort wird Marge verschenkt."

Höhere Preise als im Ausland

Die Detailhändler sind im Dilemma, denn im Ausland locken sowohl im stationären als auch im Onlinehandel günstige Einkäufe. Die Aufwertung des Frankens gegenüber dem Euro verbilligte im letzten Jahr für Schweizer die Einkäufe jenseits der Grenze wieder.

Zugleich stiegen die Preise in der Schweiz für einen ausgewählten Warenkorb stärker an als in den Nachbarländern. 2019 hätten die Schweizer 48 Prozent mehr als Deutsche bezahlt und 41 beziehungsweise 42 Prozent mehr als Franzosen und Italiener, rechnete CS-Ökonomin Tiziana Hunziker vor.

Neue Konzepte gefragt

Dazu kommt, dass viele Detailhändler die Digitalisierung lange unterschätzt haben, wie Detailhandelsspezialist Hotz sagt. Viele Händler hätten zwar als Reaktion auf den Onlinehandel eigene Webshops aufgebaut. Doch diese hätten lange weitgehend ein Eigenleben unabhängig von den stationären Läden geführt. "In der Zwischenzeit zeigen Best-Practice-Beispiele, dass die eine Welt nicht ohne die andere auskommt."

So dringen vermehrt auch ursprüngliche reine Onlinehändler wie Amazon oder Alibaba in das stationäre Geschäft ein. Und sie setzen dabei auf neue Konzepte wie kassenlose Shops. Hierzulande sind entsprechende Beispiele noch rar gesät. Der Detailhändler Valora etwa testet derzeit mit der "Avec Box" Geschäfte ohne Ladenkasse, bei denen die Kunden ihre Einkäufe mit einer Handy-App scannen und bezahlen können.

Marktanteilsverluste im Modehandel

Im Modehandel haben einheimische Händler wegen der starken Konkurrenz bereits die Marktführerschaft ans Ausland verloren. Platzhirsch Zalando breitet sich weiter ungebremst aus. Im letzten Jahr dürfte der Onlineriese aus Berlin seine Umsätze in der Schweiz um etwa 7 Prozent auf rund 900 Millionen Franken gesteigert haben, schätzt die CS. Zalando selbst gibt keine separaten Umsätze für die Schweiz bekannt.

Der Schweizer Bekleidungshandel verliert derweil mehr und mehr Marktanteile und hat den Abwärtstrend noch nicht stoppen können. Während sowohl andere Non-Food-Segmente wie Pflegeprodukte, Do-It-Yourself oder Heimelektronik als auch der Lebensmittelhandel die Umsätze 2019 steigern konnten, mussten Modehändler eine weitere Umsatzeinbusse von 4,5 Prozent einfahren. Und auch für 2020 soll der Abwärtstrend anhalten, wie die CS erwartet.

Leichtes Umsatzplus für 2020

Besser sieht es für die restlichen Segmente aus. Insgesamt gehen in einer Umfrage von Fuhrer & Hotz 70 Prozent der Entscheidungsträger im Handel und bei den Lieferanten von einer - meist moderaten - Umsatzsteigerung aus. Nur 14 Prozent erwarten sinkende Erlöse.

Rückenwind für den Detailhandel kommt dabei aus einer unerwarteten Ecke: Die Krankenkassenprämien stiegen verhältnismässig gering an, dafür dürften die Löhne zulegen. In der Summe sollten damit die Schweizer Konsumenten mehr Geld zum Ausgeben haben. Die CS rechnet deshalb damit, dass dem Detailhandel 2020 ein leichter Umsatzzuwachs von 0,4 Prozent gelingt.

tt/rw