Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat nach seiner Anhörung im Bundestagsfinanzausschuss zur Anti-Geldwäscheeeinheit FIU deutliche Fortschritte bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung für sich reklamiert. "Ich habe die Gelegenheit genutzt, noch einmal zu erläutern, dass wahrscheinlich die letzten drei Jahre die besten Jahre waren für die Aufstellung unserer Behörden im Hinblick auf die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung", sagte Scholz. "Wir haben mehr hingekriegt in den letzten drei Jahren als in den letzten 30 Jahren."

Die Behörde, die mit ursprünglich 100 Mitarbeitern auf Wunsch des früheren Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) vom Bundeskriminalamt zum Zoll gekommen sei, habe mittlerweile 500 und demnächst über 700 Beschäftigte sowie eine moderne IT-Infrastruktur. Auch seien Gesetze geändert worden, um ein höheres Meldeaufkommen zu erreichen. Das Meldevolumen werde sich "in kürzester Zeit eher noch einmal verdoppeln", erwartete Scholz. Er betonte, es finde eine "ständige Präzisierung des Verfahrens" statt.

Mit Blick auf den von der Behörde verfolgten risikobasierten Ansatz bei der Weitergabe von Meldungen betonte der Finanzminister, die Financial Action Task Force (FATF) habe hierfür internationale Kriterien entwickelt. Für die internationale Zusammenarbeit sei man auf diesen Ansatz angewiesen, er sei die Voraussetzung für einen internationalen Datenaustausch. Scholz erwartete aber, dass das Auswertungsverfahren "auch in zehn oder zwanzig Jahren" noch weiterentwickelt werde.


   Keine Auskünfte zu den Ermittlungen 

Auch in seinem Statement in der Sitzung ging Scholz nach Angaben von Teilnehmern zunächst allgemein auf die Rolle der FIU und auf in den vergangenen Jahren dort erfolgte Reformen ein. Dabei habe er geltend gemacht, dass sein Ministerium sich in seiner Amtszeit intensiv um die FIU gekümmert habe. Kein Minister könne jedoch alle Probleme "mit einem Fingerschnippen lösen", hatte er betont. Auskünfte zu den Ermittlungen lehnte der Minister demnach wegen des laufenden Verfahrens ab.

Hintergrund der Sondersitzung sind Durchsuchungen im Finanz- und im Justizministerium im Zuge eines laufenden Ermittlungsverfahrens gegen Verantwortliche der FIU. Zudem hatte die Oberstaatsanwaltschaft Osnabrück ein Ermittlungsverfahren gegen Scholz' Finanzstaatssekretär Wolfgang Schmidt eingeleitet, weil dieser über den Kurznachrichtendienst Twitter teilweise einen Gerichtsbeschluss über die Durchsuchung veröffentlicht hatte. Union und Opposition hatten die Razzia zum Anlass für harte Angriffe auf Scholz genommen und ihm Versäumnisse vorgeworfen.

Auch hatten sie moniert, dass Scholz an der Sitzung ursprünglich per Videoleitung teilnehmen wollte. Unions-Finanzsprecherin Antje Tillmann hatte gesagt, sobald Fragen nicht beantwortet würden, müsse man "auf Geheimhaltung schalten", was eine persönliche Teilnahme erfordere. Angesichts des bestehenden risikoorientierten Ansatzes müsse "transparent diskutiert werden", nach welchen Kriterien die FIU ermittle. Daraufhin war der SPD-Kanzlerkandidat trotz Wahlkampfauftritten in Süddeutschland persönlich im Sitzungssaal erschienen.


   Linke wirft CDU Schmierentheater vor 

Scholz hat laut SPD an dem Tag eigentlich mehrere Wahlkampftermine in Baden-Württemberg, so um 12.00 Uhr in Tübingen. Nach der Sitzung erklärte er, er versuche nun noch "so viel wie möglich miteinander zu vereinbaren". Linke-Fraktionsvize Fabio De Masi hatte das Beharren auf persönlicher Teilnahme des Finanzministers zuvor als "ein Schmierentheater der CDU" bezeichnet, um von einem Versagen der großen Koalition beim Thema Geldwäsche abzulenken.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die FIU, weil Geldwäsche-Verdachtsmeldungen von Banken in Millionenhöhe nicht an Polizei und Justiz weitergeleitet worden seien. Das Finanzministerium hatte betont, durch den risikobasierten Ansatz setze die Anti-Geldwäschestelle Schwerpunkte bei der Analyse der Verdachtsmeldungen.

Nach der Bekanntgabe der Durchsuchungen waren Ungereimtheiten über deren Ziel entstanden. Die Staatanwaltschaft hatte erklärt, es solle untersucht werden, "ob und gegebenenfalls inwieweit die Leitung sowie Verantwortliche der Ministerien sowie vorgesetzte Dienststellen in Entscheidungen der FIU eingebunden waren". Finanzstaatssekretär Schmidt hatte darauf den Beschluss nach eigenen Angaben teilweise veröffentlicht, um den Eindruck zu korrigieren, es werde gegen Beschäftigte des Ministeriums ermittelt.

(mit Material von AFP)

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September 20, 2021 08:32 ET (12:32 GMT)