(neu: Schreiben Grosse-Grömer/Schneider, drittletzter Absatz)

BERLIN (dpa-AFX) - Nach der Flutkatastrophe vor allem im Westen Deutschlands wird eine Sondersitzung des Bundestags wahrscheinlicher. Inzwischen befürworten FDP, Grüne und SPD, dass die Abgeordneten im August aus der Sommerpause kommen, um schnell Hilfen für die Menschen in den Hochwassergebieten auf den Weg zu bringen. Beantragt werden müsste dies von mindestens einem Drittel der Abgeordneten, also 237 Parlamentariern. Die drei Fraktionen verfügen zusammen über 299 Mandate.

In einem am Dienstag veröffentlichten Interview plädierte auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich für eine Sondersitzung. "Nachdem sich jetzt abzeichnet, dass sich alle Länder zusammen mit dem Bund an einem Wiederaufbaufonds beteiligen werden, sollte aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion der Bundestag noch während der Sommerpause die gesetzlichen Voraussetzungen beraten und schnell Entscheidungen treffen", sagte Mützenich der "Rheinischen Post" (Dienstag).

Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Britta Haßelmann, begrüßte die Bereitschaft der SPD. "Dann sollten wir gemeinsam dafür sorgen, dass diese jetzt auch zeitnah zustande kommt", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Warum die CDU/CSU offenbar noch zögert, ist mir unverständlich."

Der Bundestag müsse über einen Wiederaufbaufonds für die betroffenen Menschen und die Gebiete der Flutkatastrophe entscheiden, sagte Haßelmann. "Die von der Katastrophe betroffenen Menschen brauchen nach den Soforthilfen nun weitere Unterstützung und Planungssicherheit. Daher sind schnelles Handeln und Entscheidungen des Bundestages unverzichtbar." Zudem müsse über notwendige Maßnahmen der Klimavorsorge und des Klimaschutzes beraten werden.

Mützenich sagte: "Wir wollen in dieser Situation den von der Flut betroffenen Menschen, Kommunen und Dienstleistern zumindest finanzielle Sicherheit geben." Häuser, Straßen, Versorgung und Brücken müssten so rasch wie möglich wiederhergestellt werden.

Die FDP-Bundestagsfraktion hatte eine Sondersitzung sogar noch in dieser Woche verlangt, was aber zeitlich kaum möglich ist. Die Liberalen wollen zudem, dass dabei auch über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie debattiert wird.

Die Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer von CDU/CSU und SPD, Michael Grosse-Brömer und Carsten Schneider, lehnten eine Sitzung noch in dieser Woche ab. Dafür sähen sie keine Notwendigkeit, heißt es in einem Schreiben vom Mittwoch an ihre Kollegen von FDP, Linker und Grünen, das der dpa in Berlin vorliegt. Weiter heißt es aber: "Sollte demnächst gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestehen und die konkreten Vorlagen vorliegen, sind wir selbstverständlich bereit, die dann notwendigen Schritte einzuleiten."

Dieser Handlungsbedarf dürfte durch einen Beschluss entstehen, den das Bundeskabinett an diesem Mittwoch fassen will. Demnach soll in den Hochwassergebieten die Insolvenzantragspflicht für Firmen vorübergehend ausgesetzt werden. Der entsprechende Gesetzentwurf bedarf der Zustimmung des Bundestags.

Bei dem Jahrhundert-Unwetter vor gut zweieinhalb Wochen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz starben mehr als 180 Menschen. Die Sachschäden sind immens./sk/DP/he