GENF (dpa-AFX) - Russische Oppositionelle haben empört auf Präsident Wladimir Putins Anschuldigungen gegen den in einem Straflager inhaftierten Kremlgegner Alexej Nawalny reagiert. Putin hatte nach dem Gipfel mit US-Präsident Joe Biden am Mittwoch Nawalnys Festnahme verteidigt und gesagt, der Oppositionelle habe im vergangenen Jahr bewusst Meldepflichten bei der russischen Justiz ignoriert, als er sich nach einem Giftanschlag in Deutschland behandeln ließ.

"Äh, was? Er ist bewusst zur Behandlung ins Ausland geflogen, um Überprüfungen zu entgehen?", schrieb Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch auf Twitter. Dazu veröffentlichte sie ein Foto von der Krankenliege, auf der der ins Koma gefallene Kremlkritiker damals nach Berlin transportiert worden war.

Der Nawalny-Vertraute Leonid Wolkow warf Putin Realitätsverlust vor. Auch die Ehefrau des 45-Jährigen, Julia Nawalnaja, veröffentlichte auf Instagram ein Foto von Nawalnys Abtransport im vergangenen August nach Deutschland. Ironisch bemerkte sie, sie habe dieses Foto aufbewahrt als Erinnerung daran, wie ihr Mann "bewusst" russische Gesetze missachtet habe.

Auf die Frage von Journalisten, ob Nawalny für einen Gefangenenaustausch mit den USA infrage käme, antwortete Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag: Das sei wohl nur möglich, wenn der Oppositionelle US-Bürger sei und für die dortigen Geheimdienste arbeite.

Nawalny war Mitte Januar bei seiner Rückkehr aus Deutschland nach Russland an einem Flughafen in Moskau festgenommen worden. Danach verurteilte ihn ein Gericht zu mehreren Jahren Straflager. Er soll gegen Meldeauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben, während er sich in Deutschland von einem Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok erholte. Menschenrechtler kritisierten das Verfahren als politisch motiviert. Die EU und die USA verhängten wegen der Verurteilung Sanktionen gegen Russland./haw/DP/eas