RTL ist das größte Fernsehunternehmen in Deutschland, den Niederlanden und in Ungarn sowie die Nummer zwei in Frankreich und Spanien. Neben einem breiten Spektrum an Fernsehsendern besitzt RTL auch 36 Radiosender.

Die RTL Group, die zu 76% vom deutschen Mischkonzern Bertelsmann kontrolliert wird, den wiederum die Familie Mohn besitzt, ist zweifellos das europäische Schwergewicht unter den "Broadcastern". Die RTL Group befindet sich derzeit im Zentrum einer sektoralen Neuformierung.

Operative Leistungen

Hinsichtlich der Wettbewerbsposition ist RTL mit einem Umsatz von 6,6 Milliarden US-Dollar und 56 Kanälen das nach Einnahmen führende europäische TV-Unternehmen - weit vor seinem Landsmann ProSiebenSat.1 (4,4 Mrd. €), dem britischen ITV (4 Mrd. €), dem italienischen MFE, ehemals Mediaset (2,9 Mrd. €) und TF1 (2,4 Mrd. €). Der deutschen Gruppe gehört ebenfalls die Produktionsfirma Fremantle, die unter anderem für die Blockbuster "American Idol" und "X Factor" verantwortlich ist. Fremantle vertreibt Hunderte von Programmen in 180 verschiedenen Ländern.

Verteilung der Einnahmen (Quelle: RTL)

Was die Marktanteile betrifft, so kontrolliert RTL 27% des deutschen Marktes. In Frankreich liegt dieser Anteil bei 23 und in den Niederlanden kann sich RTL rühmen, mehr als ein Drittel der Marktanteile zu besitzen, was der Gruppe eine hervorragende operative und finanzielle Leistung beschert.

Die Gruppe strebte kürzlich eine Fusion von M6 mit TF1 in Frankreich an, mit dem Ziel, als das französische Schwergewicht in Europa daraus hervorzugehen. Zum Leidwesen von RTL war die französische Regulierungsbehörde anderer Meinung. Ein weiterer Fusions- und Übernahmeversuch ist in den Niederlanden im Gange. Die Veräußerung von M6 in Frankreich bleibt jedoch mehr als wahrscheinlich, da der CEO von RTL, Thomas Rabe, immer wieder betont, dass es ein sehr starkes Interesse insbesondere von Private-Equity-Fonds gibt, die jedoch historisch gesehen eher wenig geneigt sind, traditionelle Medien zu erwerben. Eine solche Veräußerung von Vermögenswerten wäre Teil des bereits weit fortgeschrittenen Programms zur "Straffung des Portfolios", im Zuge dessen RTL seine Aktivitäten in Belgien und Kroatien bis 2021 bzw. 2022 bereits beendet hat.

Angesichts der Veränderungen in der Branche ist die Gruppe bestrebt, ihre eigenen Streaming-Plattformen wie RTL+, 6play, Videoland und Salto weiter zu entwickeln. Diese Plattformen verzeichnen ein starkes Wachstum, und die strategischen Vertriebsvereinbarungen mit den US-Studios Warner Bros. und Paramount untermauern die Zukunftsaussichten hinsichtlich der Entwicklung dieser Strategie.

Trotz dieser Dynamik (48 % mehr Abonnenten in einem Jahr) liegt die Zahl aller Kunden aktuell nur bei 4,8 Millionen. Weit hinter den Schwergewichten der Branche wie Netflix (67 Millionen Abonnenten in Europa) oder Disney+, hat die RTL Group jedoch die Möglichkeit, eine enorme Menge an Inhalten zu niedrigen Kosten zu produzieren und so ihre Investitionen leichter zu rentabilisieren. Das Ziel der Gruppe ist es daher, bis 2026 in der Streaming-Sparte profitabel zu werden - mit den anvisierten 10 Millionen Abonnenten und einer Milliarde Euro Umsatz könnte die Rechnung aufgehen.

Aktuell verbraucht der Streaming-Geschäftsbereich noch eine große Menge an Bargeld. Es gibt jedoch zwei wichtige Punkte, die deren weitere Entwicklung interessant machen. Erstens: Eine Produktionsfirma wie Fremantle ist in der Lage, viele Serien intern zu produzieren und sie in mehreren Sprachen anzubieten. Dies ermöglicht es der Gruppe, ihre eigenen Inhalte zu produzieren und so ihre Profitabilität zu steigern. Zweitens wird eine Selbstfinanzierung dieser Sparte durch die TV-Aktivitäten erreicht, die nach wie vor eine außergewöhnliche Cash-Maschine sind, auch wenn ein struktureller Rückgang zu erwarten ist. Schließlich werden die Zuschauer immer älter und die jüngeren Generationen konsumieren vor allem neue Medienarten (Youtube, TikTok, Netflix...).

Kurz gesagt: Die Strategie der Gruppe konzentriert sich sowohl auf die Entwicklung ihrer Produktionsaktivitäten über Fremantle als auch auf ihre Streaming-Sparte, um die traditionellen TV-Aktivitäten im Zuge des strukturellen Rückgangs auszugleichen.

Die Aktivitäten in Frankreich und den Niederlanden weisen hohe Gewinnspannen auf.

Finanzielle Leistung

Wenn wir einen Blick auf die konsolidierten Abschlüsse über die letzten zehn Jahre (2011-2021) werfen, bleiben die Einnahmen relativ stabil: Mit fast 5,7 Mrd. € im Jahr 2011 und 6,6 Mrd. € im Jahr 2021 zeigt sich inflationsbereinigt de facto ein Null Wachstum. Bei dieser Art von Unternehmen ist der Kursanstieg nicht wirklich das, was der Aktionär erwartet. Das Augenmerk des Anlegers liegt auf den Gewinnspannen und dem freien Cashflow. Beides sind Kriterien, bei denen RTL einige Vorteile bietet. Der deutsche Konzern ist nach wie vor eine Cash-Maschine und hat in den letzten zehn Jahren 10 Mrd. € an Bargewinnen erwirtschaftet. Im Verhältnis zur aktuellen Marktkapitalisierung von 5 Mrd. € ist die Bewertung ziemlich außergewöhnlich. Der Vollständigkeit halber sei jedoch angemerkt, dass in diesem kumulierten Cashflow-Gewinn über zehn Jahre 1 Mrd. € aus der Veräußerung von Vermögenswerten stammt.

Was die Bilanzanalyse von RTL betrifft, so setzt das sehr konservative Management (das zweifellos mit der Aktionärsstruktur zusammenhängt) keine riskanten finanziellen Hebel in Bewegung. Einige werden dieses Management sogar als zu zaghaft ansehen: So wäre es beispielsweise nicht notwendig gewesen, die Dividende im Jahr 2020 zu kürzen.

Die Kapitalallokation ist übersichtlich: Von den 10 Mrd. € an Bargewinnen wurden 8,4 Mrd. € als Dividende ausgeschüttet, 1,2 Mrd. € für Übernahmen verwendet und der Rest floss in den Schuldenabbau des Konzerns. Um das Management des Unternehmens zu karikieren: Der Bertelsmann-Konzern "melkt die Kuh bis zum letzten Tropfen" und das zu Recht. Es macht die Bewertung für jeden, der glaubt, dass das traditionelle Mediengeschäft in den nächsten zehn Jahren nicht so stark zurückgehen wird, noch attraktiver.

Ein sehr wertorientiertes Profil

Zukünftige Perspektiven

Es könnte verlockend sein, den Konzern über die Summe seiner Bestandteile zu bewerten und so zu beweisen, dass die Marktkapitalisierung der RTL Group den Wert ihrer einzelnen Vermögenswerte unterschätzt. In Wirklichkeit ist es jedoch eher nicht empfehlenswert, so vorzugehen, da es sich um eine historisch recht unzuverlässige Methode handelt. Zumal die wichtigen Vermögenswerte der Gruppe sehr unterschiedlich sind; die Fernsehsender sind die Milchkühe, die Streaming-Plattformen dienen dazu, den Übergang der Einschaltquoten zu gewährleisten, und Fremantle produziert die Inhalte der beiden.

RTL braucht sie alle, um seine Relevanz gegenüber den Werbekunden und den amerikanischen Vertriebsstudios zu wahren. Grundsätzlich handelt es sich immer noch um ein sehr interessantes Unternehmen, bei dem der Marktpessimismus jedoch weiterhin groß ist. Das traditionelle Fernsehen ist ein strukturell schrumpfender Sektor, der aber wahrscheinlich ungerechtfertigt sanktioniert wird. Die Rentabilität der Geschäfte ist nach wie vor hoch und dürfte nicht von heute auf morgen schmelzen. Dies gilt umso mehr, wenn der Hauptaktionär seit fast einem Jahrzehnt die Kontrolle innehat.