(aktualisierte Fassung)

PARIS (dpa-AFX) - Europas Hoffnungsträger Emmanuel Macron zieht als Favorit in den Kampf mit der Rechtspopulistin Marine Le Pen um das Präsidentenamt in Frankreich. Der sozialliberale Macron setzte sich am Sonntag in einem historischen ersten Wahlgang laut Hochrechnungen gegen Le Pen durch. Erstmals seit Jahrzehnten ist kein Kandidat der Sozialisten oder der bürgerlichen Rechten mehr im Endduell vertreten.

Damit haben die Franzosen am 7. Mai die Wahl zwischen der europafeindlichen Linie Le Pens und dem Deutschland- und EU-freundlichen Programm Macrons. Laut Umfragen kann der 39-jährige Politjungstar Le Pen klar schlagen. Sozialisten und Konservative riefen bereits zur Unterstützung Macrons auf, um Le Pen zu verhindern.

Am Devisenmarkt sorgten die Neuigkeiten für Begeisterung. Der Eurokurs stieg um zum US-Dollar über 1,09 Dollar und damit auf den höchsten Stand seit fünf Monaten.

POLITIKER DER MITTE REAGIEREN BESTÜRZT AUF GUTES ABSCHNEIDEN VON LE PEN

Politiker der Mitte reagierten bestürzt auf das gute Abschneiden von Le Pen. Macron lag laut TV-Sender France 2 mit 23,9 Prozent vor Le Pen mit 21,7 Prozent. Auch der Sender TF1 sah den sozialliberalen Kandidaten vor Le Pen. Laut einer Hochrechnung des Senders kam Macron auf 23,8 Prozent, die FN-Chefin auf 21,7 Prozent.

Das gute Ergebnis Le Pens ist für viele Franzosen und Europäer ein Schock. Zum zweiten Mal seit 2002 steht die FN in der Stichwahl. Die FN-Chefin will die Euro-Währung in Frankreich abschaffen und ihre Mitbürger über die EU-Mitgliedschaft abstimmen lassen. Der entscheidende zweite Wahlgang am 7. Mai dürfte damit auch zu einer Abstimmung über Europa werden. Macron, Chef der politischen Bewegung "En Marche!" (Auf dem Weg), hat sich im Wahlkampf für Europa stark gemacht.

Frühere Umfragen hatten Macron in einem Duell gegen Le Pen deutlich vorn gesehen. Die 48-jährige schnitt aber wesentlich besser ab als vor fünf Jahren, als sie im ersten Wahlgang 17,9 Prozent der Stimmen geholt hatte. Le Pen sprach am Sonntagabend von einem "historischen Ergebnis". "Es ist Zeit, das französische Volk von den arroganten Eliten zu befreien, die ihm sein Verhalten vorschreiben wollen" sagte sie. Sie sprach von einer Entscheidung zwischen der "totalen Deregulierung ohne Grenzen und ohne Schutz" und "Grenzen, die unsere Jobs schützen, unsere Kaufkraft, unsere Sicherheit, unsere nationale Identität".

MACRON SIEHT WENDE IN DER FRANZÖSISCHEN POLITIK

Macron sieht seinen Erfolg bei der ersten Runde der Präsidentenwahl als eine Wende in der französischen Politik. "Die Franzosen haben ihren Wunsch nach einer Erneuerung ausgesprochen", sagte Macron am Sonntag der französischen Nachrichtenagentur AFP. Ein Kapitel der französischen Politik sei nun geschlossen worden, sagte er.

Der Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon erreichte laut Hochrechnungen auf etwa 19,2 Prozent. Sein konservativer Widersacher François Fillon erreichte demnach 19,8 bis 20 Prozent. Fillon kündigte an, in der Stichwahl für Macron zu stimmen. "Die Enthaltung entspricht nicht meinen Genen, vor allem wenn eine extremistische Partei sich der Macht nähert", sagte er am Sonntagabend.

FRANKREICHS SOZIALISTEN SCHEITERN IM ERSTEN WAHLGANG

Frankreichs Sozialisten scheiterten im ersten Wahlgang und stellten sich ebenfalls hinter Macron. "Ich bin dabei gescheitert, das Desaster, das sich angekündigt hatte, zu verhindern. Ich übernehme dafür die volle Verantwortung", sagte der sozialistische Präsidentschaftskandidat Benoît Hamon. Die "Auslöschung der Linken durch die extreme Rechte" sei eine schwere Wahlniederlage. Premier Bernard Cazeneuve sagte, es gehe darum, die Front National (FN) zu schlagen und ihr "unheilvolles Programm eines Rückschritts Frankreichs und der Spaltung der Franzosen" zu verhindern.

Macron war unter Hollande Wirtschaftsminister; sein Parteibuch bei den Sozialisten hat der 39-jährige Polit-Jungstar aber schon lange abgegeben. Er profilierte sich früh als liberaler Gegenspieler von Le Pen. Er tritt für eine enge Partnerschaft mit Deutschland ein.

GABRIEL BEGRÜSST ABSCHNEIDEN VON MACRON

Frankreich ist nach Deutschland die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Paris und Berlin bilden seit Jahrzehnten in der EU ein Tandem, ohne das nur wenig geht.

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel begrüßte das Abschneiden von Macron. "Ich bin sicher, er wird der neue französische Präsident", sagte der SPD-Politiker. "Er war der einzige proeuropäische Kandidat, der sich nicht versteckt hat hinter Vorurteilen gegenüber Europa."

Etwa 47 Millionen Franzosen waren zur Wahl des Nachfolgers von Präsident François Hollande aufgerufen. Insgesamt wollten elf Kandidaten den Sozialisten beerben. Hollande hatte sich nicht mehr für eine weitere Amtszeit beworben. Der Wahlkampf war geprägt von Skandalen und überraschenden Wendungen. Der Antiterrorkampf spielte insbesondere im Finale eine größere Rolle. Frankreich wird seit Anfang 2015 von einer beispiellosen Serie islamistischer Anschläge erschüttert./hot/sku/hrz/cb/poi/DP/he