Moskau/London (Reuters) - Der russische Präsident Wladimir Putin hat Deutschland als Verursacher steigender Gaspreise in Europa ausgemacht und den Staatskonzern Gazprom in Schutz genommen.

Gazprom liefere derzeit nicht über die Jamal-Pipeline, weil deutsche und französische Unternehmen keine Bestellungen aufgegeben hätten, sagte Putin am Donnerstag bei seiner Jahrespressekonferenz in Moskau. Deutschland nutze die niedrigeren Preisen aus langfristigen Lieferverträgen, um das Gas mit Gewinn an Nachbarländer zu verkaufen. Er vermute, dass ein Teil des an Deutschland gelieferten russischen Gases letztendlich an die Ukraine weiterverkauft werde. Europa habe sich die Gas-Probleme selbst eingebrockt und sollte diese nun selbst lösen.

Zum zweiten Mal seit November sind die Gaslieferungen über die Jamal-Pipeline, die über Belarus und Polen läuft, in dieser Woche versiegt. Aus Deutschland wird Gas zurück nach Polen gepumpt, was Experten zufolge an Verträgen polnischer Kunden liegt. Sie beziehen Gazprom-Gas über deutsche Händler, die nun aus ihrem Bestand liefern müssen. "Wir liefern Gas an Deutschland unter langfristigen Verträgen, und der Preis ist drei bis vier, sogar sechs bis sieben Mal billiger als am Sportmarkt", sagte Putin. Eine Milliarde Kubikmeter könne so eine Milliarde Dollar einbringen.

Das Bundeswirtschaftsministerium äußerte sich dazu nicht. "Gazprom liefert alle Mengen, die unter bestehenden Verträgen angefordert wurden", bekräftigte Putin. Auch die Gazprom-Kunden RWE und Uniper erklärten diese Woche, der russische Konzern erfülle seine Verträge. "Statt Gas nach Polen und dann in die Ukraine zu liefern, wäre es nicht besser, es weiter nach Europa zu liefern und den Spotpreis zu beeinflussen?", sagte der Kreml-Chef und rechnete vor: Gazprom habe von Januar bis November sieben Prozent mehr als im Vorjahr nach Europa exportiert. Aus Deutschland seien 5,6 Milliarden Kubikmeter mehr gekauft worden. Das werde an Polen verkauft, und davon landeten jeden Tag drei Millionen Kubikmeter in der Ukraine.

Am Donnerstag verbilligte sich der richtungweisende Erdgas-Terminkontrakt um fast 18 Prozent auf 136,40 Euro, nachdem er in den Tagen zuvor aufgrund des Lieferstopps auf ein Rekordhoch gestiegen war. Der Handel reagierte damit auf zusätzliche Flüssiggaslieferungen nach Europa. Der Preis ist aber noch immer sieben Mal so hoch wie zu Jahresbeginn.