FRANKFURT (Dow Jones)--Angesichts einer Reihe von Vertragskündigungen durch Billiganbieter von Strom und Gas wird in der Politik laut über mögliche Konsequenzen nachgedacht. Energieversorgung sei zugleich Daseinsvorsorge. "Wenn dies bei Preisschwankungen im Segment preiswerter Energieangebote nicht mehr gewährleistet ist, besteht dringender Handlungsbedarf", sagte die energiepolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Nina Scheer, dem Handelsblatt. Zwar müssten die Preise eine Erfüllbarkeit der vertraglichen Leistung gewährleisten, aber Verträge müssten auch eingehalten werden.

Die Grünen schlossen ein Eingreifen der Politik nicht aus. "Für die steigenden Energiepreise sind verschiedene Faktoren verantwortlich, unter anderem die Corona-Pandemie und Auswirkungen des Klimawandels", sagte die Verbraucherpolitikerin Tabea Rößner dem Handelsblatt. "Daher müssen wir uns genau anschauen, wo konkreter Handlungs- beziehungsweise Regulierungsbedarf gegenüber Billigstromanbietern besteht."

Für die Verbraucherschutzexpertin der FDP, Judith Skudelny, ist dagegen keinen Handlungsbedarf erkennbar. "Den Verbrauchern muss bewusst sein, dass ein billiger Vertrag am Ende teuer zu stehen kommen kann", sagte sie dem Handelsblatt. Ein billiger Stromtarif könne dazu führen, dass man im teuren Ersatztarif der Grundanbieter lande. "So ärgerlich der Vorgang im Einzelnen ist, so wenig sollte die Politik sich darin einmischen." Allerdings sieht sie die Verbraucherzentralen in der Pflicht, die Preisbildung zu überwachen und sittenwidrigen Tarifen durch Klagen einen Riegel vorzuschieben.

Dagegen forderte der verbraucherpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Volker Ullrich (CSU), die Bundesregierung zum Handeln auf. "Regulatorisch muss sichergestellt werden, dass die Strom- und Gasanbieter ihre vertraglich zugesagten Lieferungen erfüllen können und damit wirtschaftlich solide aufgestellt sind", sagte Ullrich dem Handelsblatt.

Zudem dürften Schwankungen des Energiepreises nicht dazu führen, dass sich Anbieter auf den "Wegfall der Geschäftsgrundlage" als Kündigungsgrund berufen. Im Falle einer Kündigung müssten Strom- und Gasanbieter ihre Kunden rechtzeitiger und direkter informieren. "Man kann den Eindruck gewinnen, dass manche unseriöse Strom- und Gasanbieter gerade daraufsetzen, dass wegen des höheren Aufwands die betroffenen Kunden im Regelfall auch gegen eine ungerechtfertigte Kündigung nicht vorgehen." Ein solches Gebaren von Strom- und Gasanbietern bezeichnete Ullrich als "unseriös und nicht schutzwürdig".

Zugleich mahnte der CSU-Politiker, auch das Preisverhältnis bei den Grundversorgern in den Blick zu nehmen. "Eine zu hohe Spreizung zwischen Standardtarifen und Grundversorgungstarif ist nicht verhältnismäßig", sagte Ullrich. "Auch beim Grundversorgungstarif bedarf es zudem einer sozialen Komponente."

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January 15, 2022 06:27 ET (11:27 GMT)