BERLIN (dpa-AFX) - Verteidigungsministerin Christine Lambrecht will keine Spekulationen über einen Wechsel auf einen anderen Kabinettsposten während dieser Wahlperiode. Explizit ausgeschlossen hat die SPD-Politikerin einen Wechsel an die Spitze des Bundesinnenministeriums in einem Interview aber nicht. "Ich habe die Aufgabe der Verteidigungsministerin übernommen. Und wer mich kennt, der weiß, dass ich übernommene Aufgaben auch erfülle", sagte Lambrecht dem Nachrichtenportal "t-online" auf die Frage, ob sie einen Wechsel ausschließe.

Unter Verweis auf eine Aussage von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte sie: "Mein Ziel am Ende der Wahlperiode ist, dass man rückblickend sagen kann: Sie hat dafür gesorgt, dass die Bundeswehr endlich richtig ausgestattet ist."

Lambrecht war während der Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP als mögliche Bundesinnenministerin gehandelt worden. Diesen Posten besetzte dann aber ihre Parteifreundin Nancy Faeser, Lambrecht übernahm das Verteidigungsressort. Faeser, die zuvor Oppositionsführerin in Hessen war, wurde am 7. Mai als hessische SPD-Landesvorsitzende wiedergewählt. Im Herbst 2023 wird in Hessen ein neuer Landtag gewählt.

"Ich setze darauf, dass Nancy Faeser nicht nur Spitzenkandidatin wird, sondern auch die erste Ministerpräsidentin in Hessen", sagte die Verteidigungsministerin jetzt im Interview. Zu sich selbst führte Lambrecht aus: "Ich habe die Herausforderung angenommen, die Bundeswehr endlich ordentlich auszustatten. (...) Diese Aufgabe werde ich auch erfüllen."

Faeser selbst hatte mehrfach darauf hingewiesen, dass die Frage der Spitzenkandidatur in Hessen erst im kommenden Jahr beantwortet werde. "Die Bundesinnenministerin führt ihr Amt mit voller Kraft und hat keine Absicht daran etwas zu ändern", sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Freitag auf Anfrage. "Sie arbeitet konsequent daran, die innere Sicherheit in Deutschland zu schützen und die ambitionierte Innen- und Migrationspolitik der Ampel-Koalition umzusetzen", fügte er hinzu. Faeser habe wiederholt darauf hingewiesen, "dass sich andere Fragen nicht stellen".

In Koalitionskreisen sorgte die Äußerung Lambrechts zu den Zukunftsplänen von Faeser dem Vernehmen nach für Verwunderung. Aus der Opposition kam Kritik. "Der Sach- und Fachpolitik schadet es in jedem Fall, wenn man hier so früh einen Wechsel vollzieht", sagte die Linke-Innenpolitikerin Clara Bünger. Hier fehle offensichtlich der politische Wille für die "strukturellen Änderungen" im Bundesinnenministerium, ohne die eine effektive Bekämpfung des Rechtsextremismus und Verbesserungen im Asylrecht nicht erreicht werden könnten.

"Frau Lambrecht erklärt Frau Faeser nun endgültig zu einer Ministerin auf Abruf", sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU). Eine Bundesinnenministerin auf Abruf könne sich Deutschland aber angesichts der vielen Krisen und Herausforderungen nicht leisten. Das Amt erfordere vollen Einsatz. Throm fügte hinzu: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Frau Lambrecht als gescheiterte Verteidigungsministerin ihre Nachfolge antritt - das Bundesinnenministerium ist ja keine Resterampe."

Lambrecht steht schon länger in der Kritik, zuletzt wegen des Mitflugs ihres Sohnes in einem Regierungshubschrauber. CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz forderte Scholz am Donnerstag im Bundestag zur Entlassung Lambrechts auf.

Lambrecht hatte in einem Regierungshubschrauber zu einem Truppenbesuch in Norddeutschland Mitte April ihren 21-jährigen Sohn mitgenommen, ohne dass dieser an dem Militärbesuch selbst teilnahm. Am nächsten Tag und nach einer Hotelübernachtung ging es mit Auto und Personenschützern auf die nahe Insel Sylt. Sie äußerte in dem Interview nun erneut Verständnis für Kritik daran. "Das werde ich künftig anders handhaben und meine Termine anders organisieren. Aber mir bleibt wichtig, dass rechtlich alles korrekt war und alle Regeln eingehalten wurden."

Die Bilanz ihrer ersten Monate als Verteidigungsministerin verteidigte sie dagegen: Sie habe "in sehr kurzer Zeit sehr viel umgesetzt". Lambrecht verwies unter anderem auf die Entscheidung zur Bewaffnung von Bundeswehr-Drohnen und darauf, dass im Beschaffungswesen künftig 20 Prozent aller Aufträge aus der Bundeswehr nicht mehr über ein bürokratisches Vergabeverfahren liefen./sku/DP/mis