Düsseldorf/London (Reuters) - Angesichts der drohenden fünften Corona-Welle schüren neue Studiendaten die Hoffnung auf einen glimpflicheren Verlauf.

Zwei britischen Studien zufolge fallen die Krankheitsverläufe bei der neuen Coronavirus-Variante Omikron weniger schwer aus als bei der bislang vorherrschenden Delta-Variante. Zudem teilten mit Astrazeneca und Novavax zwei weitere Pharmafirmen mit, dass ihre Impfstoffe nach einem Booster auch gegen die sich rasant ausbreitende und noch ansteckendere Omikron-Variante wirkten. Derweil sank die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland weiter. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Donnerstag 44.927 Fälle binnen 24 Stunden und damit 11.750 weniger als vor einer Woche. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz sank auf 280,3 von 289,0 am Vortag. 425 weitere Menschen starben in Zusammenhang mit dem Virus.

STUDIE: RISIKEN FÜR KLINIKAUFENTHALTE BEI OMIKRON NIEDRIGER

Nach Forschern in Südafrika haben nun auch britische Wissenschaftler Hinweise gefunden, dass die Omikron-Variante wohl schwächere Krankheitssymptome verursacht als die Delta-Variante. Forscher der University of Edinburgh, die 22.205 mit Omikron infizierte Patienten beobachteten, teilten mit, die Zahl der Patienten, die ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, sei um 68 Prozent niedriger als bei Patienten mit Delta. Forscher des Imperial College London erklärten, sie hätten in den vergangenen zwei Wochen Belege für eine 40- bis 45-prozentige Reduzierung des Risikos einer Krankenhauseinweisung bei Omikron im Vergleich zu Delta entdeckt. Sie betonten jedoch, dass die Verringerung der Krankenhausaufenthalte dem höheren Infektionsrisiko gegenüberstehe.

Die hoch infektiöse Omikron-Variante breitet sich rasant aus. So meldete Großbritannien am Mittwoch erstmals über 100.000 Neuinfektionen am Tag. Epidemiologen rechnen damit, dass sich in Deutschland ab Anfang kommenden Jahres eine große Welle der Coronavirus-Variante ausbreiten wird.

IMPFSTOFFE WIRKSAM GEGEN OMIKRON

Nach Biontech und Pfizer sowie Moderna meldeten nun weitere Pharmafirmen, dass ihre Impfstoffe nach einer Booster-Impfung gegen Omikron wirkten. Novavax teilte mit, sein erst kürzlich in der Europäischen Union zugelassenes Vakzin rufe eine wirksame Immunreaktion gegen die Variante hervor, eine zusätzliche Auffrischungsimpfung erhöhe die Immunantwort. Auch AstraZeneca meldete, dass sein Vakzin nach einer Auffrisch-Dosis gegen die neue Virus-Variante wirke. Es weise dann ähnliche Neutralisierungswerte auf wie nach einer regulären Behandlung mit zwei Dosen bei der Delta-Variante. Es seien nach der Booster-Impfung dann auch mehr Antikörper vorhanden als bei Menschen, die von einer Corona-Infektion genesen sind.

STIMMEN FÜR IMPFPFLICHT MEHREN SICH

Nach dem mehrheitlichen Votum des Deutschen Ethikrats für die Ausweitung der gesetzlichen Impfpflicht dringt die Unionsfraktion auf einen Gesetzesentwurf der Ampel-Koalition. "Die dramatische Entwicklung der Pandemie erlaubt keinen Zickzackkurs. Es wird Zeit, konkrete Gesetzesvorschläge auf den Tisch zu legen", sagt der erste parlamentarische Geschäftsführer von CDU/CSU, Thorsten Frei, der Zeitung "Rheinische Post". NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst erklärte in der ARD mit Blick auf die Impfquote: "Wir kämpfen natürlich nicht um 75 um 80 Prozent, wir brauchen 90, 95 Prozent und am besten mehr. Sonst kommen wir immer wieder in die Dauerschleife von Lockerung und Lockdown. Da müssen wir raus. Daher ist die Impfpflicht unerlässlich."

Auch die Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, sprach sich für eine allgemeine Impfpflicht aus. "Wir wissen, dass eine Eindämmung dieses Infektionsgeschehens, das sich so rasant zuspitzt, nur über das Impfen letztlich möglich ist", sagte sie im Deutschlandfunk. Es sei mittlerweile gesichert, dass keine erkennbaren gesundheitlichen Schäden von einer Impfung ausgingen. "So halte ich es wirklich für eine Verpflichtung eines jeden Menschen, dazu beizutragen, dass wir diese große Gefahr jetzt miteinander abwenden können."

Am Mittwoch hatte der Ethikrat seine Stellungnahme veröffentlicht, 20 von 24 Mitgliedern befürworten eine Ausweitung der gesetzlichen Impfpflicht "auf wesentliche Teile der Bevölkerung."

Während derzeit die Impfkampagne zur Booster-Impfung auf Hochtouren läuft, wappnet sich Deutschland für eine vierte Impfung im kommenden Jahr. "Wir werden eine vierte Impfung brauchen. Das ist jetzt schon absehbar, weil wir eine spezifische Varianten-Impfung wahrscheinlich gegen Omikron benötigen", sagte Gesundheitsminister Karl Lauterbach im ZDF. Es seien bereits 80 Millionen Impfstoffdosen dafür bei Biontech bestellt. Entsprechende Impfstoffmengen würden auch von Moderna beschafft und möglicherweise auch bei anderen Herstellern.