Zürich (awp) - Die Teuerung in der Schweiz dürfte sich weniger rasch zurückbilden als bislang erwartet. Das prognostieren gleich zwei Institute.

So haben die Ökonomen der Raiffeisen-Bankengruppe und der Grossbank UBS ihre Inflationsprognose für das laufende Jahr markant erhöht. Raiffeisen erwartet nun für 2022 eine durchschnittliche Jahresteuerung von 3,0 statt 2,5 Prozent, die UBS von 3,1 statt 2,7 Prozent.

Die Teuerung in der Schweiz zieht seit rund zwei Jahren an. Im Juni und Juli erreichte sie mit 3,4 Prozent den höchsten Wert seit dem Jahr 1993.

Energie bleibt ein Treiber

Mit einem raschen Rückgang der Teuerung sei nicht zu rechnen, schreiben nun die UBS-Ökonomen. Sie werde vielmehr auch in der zweiten Jahreshälfte auf einem hohen Niveau bleiben.

Wichtiger Treiber dafür seien die Energiepreise. Die Ölpreise seien zwar zuletzt gesunken. Der tiefe Wasserstand des Rheins infolge der Trockenheit erhöhe jedoch die Transportkosten und könnte den Preis verarbeiteter Erdölpordukte weiter steigen lassen. Zudem gebe es beim Erdgas und bei der Elektrizität ein grosses Nachholpotenzial.

Es besteht laut den Experten der Grossbank das Risiko, dass die Gasanbieter im zweiten Semester die massiven Preisanstiege an den europäischen Gas-Börsen an ihre Kunden weitergeben. Bei der Elektrizität sei ebenfalls mit einem Preisschub zu rechnen, allerdings erst später. Denn die Strompreise könnten in der Schweiz für Kleinkunden in der Regel jweils nur zu Jahresbeginn angepasst werden.

Konjunktureintrübung hilft

Ein weiteres Thema sind laut der Studie die sogenannten Zweitrundeneffekte - also Preis- und Lohnsteigerungen zum Ausgleich der höheren Energiepreise. Hier sehen die Ökonomen aber nicht allzu schwarz. Denn der Konjunkturaubslick habe sich deutlich eingetrübt, was solche Zweitrundeneffekte üblicherweise dämpfe. Konkret könne in der zweiten Jahreshälfte oder im Jahr 2023 eine Rezession nicht mehr ausgeschlossen werden.

Im Jahr 2023 sei auch deshalb mit einer deutlichen Verlangsamung der Teuerung zu rechnen. Die Prognose der UBS für 2023 lautet nun auf 2,1 statt 1,5 Prozent. In der zweiten Jahreshälfte 2023 dürfte die Inflation laut der Prognose wieder deutlich unter die 2-Prozent-Marke sinken.

Die Raiffeisen-Experten hingegen bleiben für das Gesamtjahr 2023 bei der bisherigen Vorhersage von lediglich 1,5 Prozent. Sie betonen in ihrer Studie die Beruhigung bei den Rohstoffpreisen - abgesehen von Gas. Zudem lasse der Vorstufenpreisdruck wegen der Entspannung bei den globalen Lieferengpässen von sehr hohem Niveau aus allmählich nach.

Was tut die Nationalbank?

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hatte Mitte Juni - mit Verweis auf die anziehende Teuerung - überraschend ihren Leitzins um 0,50 Prozentpunkte auf -0,25 Prozent angehoben. Damit zog sie erstmals seit fünfzehn Jahren die Zinsschraube wieder etwas an. Raiffeisen und UBS gehen bei ihren Teuerungsprognosen davon aus, dass weitere Zinsschritte folgen werden. Raiffeisen erwartet konkret in drei Monaten einen SNB-Leitzins von +0,25 Prozent, in einem Jahr einen solchen von +0,5 Prozent.

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