(Neufassung mit Einschätzung von Uwe Burkert, Chefvolkswirt LBBW)

BERLIN/FRANKFURT/STUTTGART (dpa-AFX) - Die erneuten Einschränkungen wegen steigender Corona-Infektionszahlen drohen nach Einschätzung von Volkswirten den wirtschaftlichen Aufschwung abzuwürgen. "Der Aufschwung wird sehr wahrscheinlich deutlich ausgebremst werden", sagte der Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Claus Michelsen, am Mittwoch in Berlin. Das Pandemiegeschehen nehme Verbrauchern und Unternehmen die Zuversicht. Viele Unternehmen hätten noch mit den Folgen des Lockdowns vom Frühjahr zu kämpfen und kaum noch finanzielle Reserven.

Mit den neuen Maßnahmen dürfte das Wirtschaftswachstum nach Einschätzung von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer im vierten Quartal zum Erliegen kommen. Bestenfalls sei mit einer schwarzen Null gegenüber dem Vorquartal zu rechnen. "Die Wirtschaft lässt sich nicht wie eine Lampe ein- und abschalten, ohne dass es zu Schäden kommt."

Zwar seien Industrie und Handel von den Maßnahmen nicht direkt betroffen, dürften aber trotzdem leiden, weil die allgemeine Unsicherheit steige und die Anti-Corona-Maßnahmen im Ausland ebenfalls verschärft würden, sagte Krämer.

Nach Einschätzung des DIW ist die deutsche Wirtschaft im abgelaufenen dritten Quartal noch um etwa sechs Prozent gewachsen. Das Statistische Bundesamt gibt erste Daten dazu am Freitag bekannt. Die weiteren Aussichten verdüstern sich dem DIW zufolge aber erheblich. Nach aktuellen Stand werde die Wirtschaftsleistung in Europas größter Volkswirtschaft zum Jahresende noch leicht steigen, der kräftige Aufholprozess aus dem Sommer dürfte sich aber nicht fortsetzen.

Die neuen Maßnahmen von Bund und Ländern zur Eindämmung der Corona-Pandemie werden die deutsche Wirtschaft auch nach Einschätzung der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) belasten. Allerdings seien die Folgen der beschlossenen Einschränkungen weniger stark für die konjunkturelle Entwicklung als im Frühjahr, sagte LBBW-Chefvolkswirt Uwe Burkert.

Der Experte verwies auf Unterschiede, die die aktuelle Situation weniger gravierend erscheinen lasse als in den Monaten März und April. Damals hatte auch China sehr harsche Maßnahmen zur Infektionseindämmung eingeführt und damit Liefer- und Absatzwege unterbrochen. Außerdem seien Unternehmen inzwischen darauf eingerichtet, einem großen Teil ihrer Belegschaft das Arbeiten von Hause aus zu ermöglichen. Viele Anlaufschwierigkeiten dürften damit wegfallen./mar/jkr/he