Protokollarischer Höhepunkt, Kommentar von Stefan Paravicini zu
Wirecard
Frankfurt (ots) - Die parlamentarische Aufarbeitung des milliardenschweren
Betrugsskandals beim Zahlungsdienstleister Wirecard steuert protokollarisch auf
ihren Höhepunkt zu. Nachdem der Untersuchungsausschuss des Bundestages zu
Wirecard gestern Abend Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zu den
Versäumnissen der seinem Ministerium zugeordneten Wirtschaftsprüferaufsicht Apas
befragte und morgen Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) mit den
Nachlässigkeiten der unter seiner Aufsicht stehenden Finanzmarktaufsichtsbehörde
BaFin konfrontieren wird, steht am Freitag als einziger Tagesordnungspunkt die
Einvernahme von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an. Auf der Suche nach der
politischen Verantwortung für den mutmaßlich größten Betrugsskandal der
Nachkriegsgeschichte in Deutschland ist der Ausschuss bei der Regierungschefin
angekommen.

In dem irren Wirtschaftskrimi mit Geisterkonten auf den Philippinen, Treuhändern
ohne Lizenz, aber mit Ausschankgenehmigung und einem flüchtigen Ex-Vorstand mit
Geheimdienstverbindungen entlang seiner letzten bekannten Flugroute von Bad
Vöslau nach Minsk kommt es fünf Monate vor der Bundestagswahl zum politischen
Showdown. Kanzlerin und Vizekanzler vor einem Untersuchungsausschuss, das hat es
in der Bundesrepublik nicht so oft gegeben. Neben dem Wirtschaftsminister ist
Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) vorgeladen, die heute ihre Aussage
macht - und sei es nur, um das großkoalitionäre Gleichgewicht zu sichern. Den
heute mit Spannung erwarteten Auftritt von Jörg Kukies, Staatssekretär im
SPD-geführten Finanzministerium, hat Dorothee Bär (CSU), Staatsministerin im
Kanzleramt und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, bereits
gestern mit ihrer Aussage im Ausschuss egalisiert.

Doch bei aller politischen Brisanz: Mit neuen Erkenntnissen, die einem Showdown
gerecht würden, ist in dieser Woche nicht zu rechnen. Die teils haarsträubenden
Einsichten, die der Ausschuss in den vergangenen sechs Monaten über das
Verhalten von Aufsichtsbehörden gewonnen hat, haben bereits zu personellen
Konsequenzen geführt. Die Erkenntnisse über das Handeln der Wirtschaftsprüfer
von EY, die durch ein Gutachten der Sonderermittler des Ausschusses zu den
Abschlussprüfungen bei Wirecard jetzt zusätzlich unter Druck geraten sind,
beschäftigen Staatsanwälte und Gerichte. Inhaltlich hat der Ausschuss bereits
für eine Reihe von Höhepunkten gesorgt. In den Befragungen der Regierungsspitze
dürften ein paar Meilensteine fürs Protokoll hinzukommen.

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