Auf dem Irrweg, Kommentar zur Schuldenbremse von Angela Wefers
Frankfurt (ots) - Die Schuldenbremse steht vor einer Bewährungsprobe, nicht erst
seit Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) mit seiner Reformidee Parteifreunde
verstört und politische Rivalen begeistert hat. Schon dies sollte ein
Alarmsignal sein. Wer Braun bezichtigt, er wolle die Schuldenbremse völlig
aussetzen, tut ihm allerdings Unrecht. Er fordert einen verbindlichen
Mechanismus im Grundgesetz, um die Neuverschuldung schrittweise wieder ins
Regelwerk und später auf null zu bringen.

Die Reformidee legt ein Manko der Schuldenbremse in Krisenzeiten offen.
Einnahmen und Ausgaben des Staates sind ohne Kredite auszugleichen, aber es gibt
den Notausgang: Bei Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen kann
der Bundestag mehr Kredit bewilligen, als die Schuldenbremse erlaubt. Für 2020
und 2021 tat er dies. Das Grundgesetz würde das Parlament aber nicht hindern,
mit fantasievollen Be­gründungen einen gefährlichen Dauerzustand daraus zu
machen. Eine Flut oder ein Erdbeben sind punktuelle Ereignisse mit bestimmbarem
Schaden. Anders ist eine Pandemie mit ungewisser Dauer.

Braun ist aber zugleich auf dem Irrweg: Während der Zeit bis zur Rückkehr in das
Regelwerk will er mehr Geld ausgeben, als die Schuldenbremse erlaubt, um ohne
Einnahmeerhöhungen Steuern und Sozialbeiträge stabil zu halten. Die Wirtschaft
soll schnell auf die Beine kommen. Das ist gut, aber der Weg gewagt, auch wenn
ein fixes Datum anvisiert wird. Es spricht nichts dafür, dass der Bund in fünf,
sieben oder zwölf Jahren die Schuldenbremse leichter wieder einhalten kann als
2022. Das System atmet auch in regulären Zeiten mit der Konjunktur. Immerhin 33
Mrd. Euro neue Schulden darf der Bund 2021 machen, ohne die Regel zu verletzen.
Das ist nah am Spitzenwert vor der Pandemie.

Kredite, die auf Dauer das Limit der Schuldenbremse übersteigen, mutieren zum
haushaltspolitischen Schraubstock. Die Schuldenbremse verlangt die Tilgung der
überbordenden Schulden. Die Rückzahlungspflicht schmälert in späteren Jahren
den
Finanzspielraum, mit dem eine Regierung gestalten kann. Ohne höhere Steuern und
Sozialabgaben erholt sich die Wirtschaft schnell und spült über die
automatischen Stabilisatoren von allein mehr Geld in die Staatskasse.
Andernfalls darf auch der Staat nicht weiterhin so tun, als könne er alle
Pandemieschäden wegpuffern. An Ausgabenkürzungen kommt er dann nicht vorbei.
Stabile Finanzen haben sich gerade in der Krise als Segen erwiesen.

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