Zürich (awp) - Der November 2020 gilt als einer der stärksten Monate, den die Finanzmärkte je erlebt haben. Zahlreiche Indizes legten innerhalb weniger Wochen prozentual zweistellig zu. Dieser Gipfelsturm hat auch der Branche börsennotierter Fonds (ETFs) rekordhohe Zuflüsse von knapp 126 Milliarden US-Dollar beschert.

Gegenüber den gut 47 Milliarden US-Dollar aus dem Oktober haben sich die Zuflüsse damit nahezu verdreifacht, rechnet Ed Gordon vom ETF-Anbieter iShares im Gespräch mit AWP vor. "Investoren haben mit dem Wahlausgang in den USA und dem Nachrichtenfluss rund um einen Corona-Impfstoff im November voll auf Risiko umgeschaltet." Das werde auch durch die stärksten Abflüsse aus Gold-ETFs seit 2013 untermauert.

Auch andere Experten wie Andreas Zingg von Vanguard sehen den November 2020 als einen Monat mit den bisher stärksten ETF-Zuflüssen in der Geschichte. Wie die Daten von der BlackRock-Tochter iShares zeigen, investierten Investoren 111 Milliarden nur in Aktien-ETFs - auch dies ein Rekord.

Dabei war speziell bei US-Investoren laut Gordon von iShares eine gewisse Vorliebe für Investitionen in den eigenen Markt zu beobachten, während beispielsweise Investoren aus der Region EMEA ihre Anlagen regional stärker gestreut haben.

ESG unschlagbar gut

Nach Ansicht von Nima Pouyan von Invesco haben sich die Investoren vor allem an die veränderten Marktbedingungen nach den US-Wahlergebnissen und den Nachrichten über potenzielle Impfstoffe angepasst. "Einige Anleger nahmen Gewinne von einigen der besten Performer des Jahres mit, darunter physische Goldprodukte", beobachtet der Experte. Eine Zunahme der Risikobereitschaft habe sich auch bei den festverzinslichen Produkten durch Zuflüsse in Schwellenmarkt- und Hochzinsanleihen gezeigt.

Während es also bei einigen Anlageklassen zu einer Verschiebung der Präferenzen kam, hat ein Anlage-Thema auch im November neue Rekorde erreicht: ETFs auf nachhaltige Anlagen (ESG). Wie Marco Strohmeier von Amundi hervorhebt, waren neben ESG-ETFs auch Klima-ETFs stark gefragt. "Wir sehen also, dass Anleger ihre traditionellen Aktien-ETFs in ESG- und Klima-ETFs umschichten." Eine Beobachtung, die auch Pouyan von Invesco unterstützt.

Tatsächlich haben ESG-ETFs im bisherigen Jahresverlauf etwa 70 Milliarden US-Dollar an Zuflüssen gesehen. Damit hat diese ETF-Klasse 2020 bisher mehr eingesammelt als in den Jahren 2012 bis 2019, erklärt Gordon von iShares.

Privatanleger setzen verstärkt auf ETFs

Gestützt wurde die ETF-Branche aber auch durch ein wachsendes Interesse von Privatanlegern. Dazu waren Stimmen am Markt zu hören, die dies mit dem gesunkenen Angebot an Sportwetten in Verbindung bringen. Die meisten von AWP befragten Experten sehen da allerdings keine Korrelation.

Vielmehr sind Pascal Mischler von GSAM zufolge vor allem regionale Unterschiede zu beobachten: "In der Schweiz werden ETFs von Wealth Managern eingesetzt, in Deutschland sind Sparpläne gefragt und in Italien nutzen viele Anleger gehebelte ETPs."

hr/rw