BERLIN (dpa-AFX) - Im Falle seiner Wahl zum neuen Grünen-Chef will Omid Nouripour sich für eine gute Zusammenarbeit der verschiedenen Strömungen in der Partei einsetzen. "Ich kandidiere nicht als Vertreter eines Flügels", sagte Nouripour am Mittwoch im Sender Phoenix. Er wolle vielmehr beide Flügel, also Linke und Realos, und den Rest der Partei vertreten. Nouripour ist selbst Realo und will Ende Januar zum neuen Grünen-Vorsitzenden gewählt werden, dem Vernehmen nach mit der stellvertretenden Bundesvorsitzenden Ricarda Lang vom linken Flügel. "Die Flügel haben eine gewisse Berechtigung, aber die dürfen nicht Lösungen im Wege stehen", sagte Nouripour.

Zuletzt hatte die Besetzung der Grünen-Kabinettsposten in der neuen Bundesregierung für heftigen Streit innerhalb der Partei gesorgt. Der frühere linke Fraktionschef Anton Hofreiter war lange als Minister gehandelt worden, musste am Ende aber dem Realo Cem Özdemir weichen.

Nouripour wollte aber keine größeren Verwerfungen erkennen. "Unser Problem, das war, dass das zu viel in der Öffentlichkeit stattfand. Und jetzt wird's ein bisschen hochgejazzt." Es sei für beide frühere Fraktionschefs, Hofreiter und Katrin Göring-Eckardt, bedauerlich, dass sie nicht Minister geworden seien. "Ich verstehe auch ihren Unmut. Aber wir wissen alle zusammen, dass wir nur, wenn wir untergehakt, solidarisch und professionell miteinander arbeiten, Erfolg haben werden."

Es sei eine "sehr große Geschichte", dass mit Özdemir als neuem Agrarminister erstmals jemand ins Kabinett einziehe, dessen Eltern mit einem Gastarbeitervertrag nach Deutschland gekommen seien, sagte Nouripour. "Aber Cem Özdemir ist jetzt nicht im Kabinett, weil er diese Eltern hat, sondern weil er unglaubliche Fähigkeiten hat. Und die wird er auch zeigen." Dass Özdemir sich bisher nicht als Landwirtschaftspolitiker profiliert hat, hält Nouripour für zweitrangig. Die beste Agrarministerin sei aus seiner Sicht seine Parteikollegin Renate Künast gewesen, "und auch bei ihr war es nicht so, dass sie jetzt unbedingt vom Bauernhof kam".

Auf die Anmerkung, dass die Grünen viele Befindlichkeiten miteinander versöhnen müssen bei der Besetzung von Posten, sagte Nouripour: "Wir haben eine feste Quote, das ist die Frauenquote." Es sei gut, dass diese in der Satzung verankert sei. Die Flügelfrage sei eine inoffizielle. "Und wir haben auch viele Jobs, die nicht so vergeben werden, sondern nach Qualität, und so muss es auch sein."/hrz/DP/eas