Berlin (Reuters) - Die vor drei Jahren von der Bundesregierung versprochene Wohnraumoffensive hat nach Einschätzung des Mieterbundes wie auch von Spitzenverbänden der Immobilienwirtschaft zentrale Ziele verfehlt.

"Von den eigentlich geplanten 1,5 Millionen neuen Wohnungen werden bis zum Ende der Legislaturperiode nur 1,2 Millionen Wohnungen gebaut sein und damit 300.000 zu wenig", sagte am Montag der Präsident des GdW-Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft, Axel Gedaschko. "Der nötige 'Wumms' fehlt beim Bauen und Wohnen in Deutschland." Der Deutsche Mieterbund kritisierte den Verlust von immer mehr Sozialwohnungen. SPD-Fachpolitiker zogen dagegen eine positive Bilanz.

Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) legen am Dienstag die Bilanz des Versprechens vor, das die Koalition beim Regierungsantritt abgegeben hatte. Zahlreiche Maßnahmen wurden umgesetzt: Für den sozialen Wohnungsbau stellte der Bund fünf Milliarden Euro bereit, und für den Wohnungsbau wurden mit Sonder-Abschreibungen befristete zusätzliche Steuervorteile geschaffen. Die Bildung von Wohneigentum wird mit dem neuen Baukindergeld gefördert: Bis Ende Dezember 2020 wurden nach SPD-Angaben rund 310.000 Anträge mit einem Volumen von rund 6,5 Milliarden Euro bewilligt.

SPD VERSPRICHT 100.000 NEUE SOZIALWOHNUNGEN JEDES JAHR

Die Zahl jährlich fertiggestellter Wohnungen stieg zwar, blieb aber weit hinter den 375.000 Wohnungen zurück, die zum Erreichen des 1,5-Millionen-Ziels im Durchschnitt jedes Jahr hätten gebaut werden müssen. Im Jahr 2019 wurden 293.000 Wohnungen fertiggestellt, im Jahr davor waren es gut 283.000. Dies entsprach dem Trend steigender Zahlen seit 2011.

Die SPD zog gleichwohl eine positive Bilanz. "Bis Ende des Jahres werden wir eine Größenordnung von etwa 1,2 Millionen Wohnungen in dieser Wahlperiode erreicht haben", sagte ihr baupolitischer Sprecher Bernhard Daldrup. "Das ist eine Bilanz, über die man ganz selbstbewusst reden kann."

Der Deutsche Mieterbund forderte in der "Rheinischen Post" deutlich höhere Investitionen in Sozialwohnungen. Daldrup räumte ein, dass derzeit mehr Wohnungen aus der Sozialbindung fielen als durch Neubau hinzukämen. Die SPD werde das zu einem zentralen Thema des Bundestagswahlkampfes machen: "Es wird das Versprechen geben von 100.000 neuen Wohnungen im sozialen Wohnungsbau jedes Jahr."

Der GdW wie auch der Immobilien-Spitzenverband ZIA warfen der Regierung vor, es sei wenig getan worden, um den Anstieg von Baukosten und Baulandpreisen zu bremsen. Die Regierung habe "mit diversen Mietrechtsregulierungen und zuletzt auch mit dem Baulandmobilisierungsgesetz die Erreichung des Zieles selbst verspielt", erklärte der ZIA.

Einige Vorhaben liegen in der Koalition noch auf Eis. Die SPD-Fraktion dringt auf eine Einigung bei den sogenannten Share Deals, die einen Erwerb von Immobilienbesitz in Gesellschaften ohne Grundsteuer ermöglichen. Umstritten ist auch der von Seehofer vorgelegte Entwurf für ein Baulandmobilisierungsgesetz, über das der Bundestag noch berät.