PARIS/BEIRUT (dpa-AFX) - Knapp vier Monate nach einer ersten Hilfskonferenz wollen Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und internationale Geldgeber wieder über die Rettung des Libanons beraten. Eine Videokonferenz am Mittwochabend (18.30 Uhr) sollte nach französischen Angaben von Macron und UN-Generalsekretär António Guterres geleitet werden. Von deutscher Seite wurde dem Vernehmen nach Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) erwartet.

Anfang August hatte eine schwere Explosion den Hafen der Hauptstadt Beirut erschüttert. Mehr als 190 Menschen starben, über 6000 Menschen wurden verletzt, etwa 300 000 obdachlos. Wenige Tage nach der Katastrophe waren bei einer Geberkonferenz der internationalen Gemeinschaft knapp 253 Millionen Euro Soforthilfe zusammengekommen.

Bei dem neuen Treffen geht es ausdrücklich um Hilfe für die libanesische Bevölkerung. Es wurden Staatschefs, internationale Organisationen und Geldgeber, Nichtregierungsorganisationen und Vertreter der libanesischen Zivilgesellschaft erwartet. Auf der Agenda standen eine Bilanz der bisherigen Hilfen und der künftige Bedarf. Hinter den Kulissen wurden Erwartungen gedämpft: Mit neuen Ankündigungen sei zunächst nicht zu rechnen, hieß es.

Macron hatte längerfristige Hilfe für das kleine Mittelmeerland stets an Reformen geknüpft. Die Bedingungen sind dafür aber alles andere als gegeben, denn der Nahoststaat ist seit den Tagen nach der Explosion ohne funktionierende Regierung.

Ex-Ministerpräsident Hassan Diab ist nur noch geschäftsführend im Amt. Dem designierten neuen Regierungschef Saad Hariri ist es bisher nicht gelungen, ein Kabinett zu bilden. Viele Menschen sind wütend und frustriert wegen des politischen Stillstands.

Die seit dem Sommer 2019 andauernde Wirtschafts- und Finanzkrise, die Corona-Pandemie und die Explosion von Beirut haben den Zedernstaat schwer getroffen. Das libanesische Pfund hat 80 Prozent seines Werts verloren. Nach Berechnung des Wirtschaftsprofessors Steve Hanke von der Universität Johns Hopkins beträgt die jährliche Inflationsrate 365 Prozent. Das sei die höchste Teuerungsrate weltweit nach Venezuela, sagte Hanke dem Magazin "Arabian Business". Nach UN-Angaben leben 55 Prozent der Bewohner in Armut - doppelt so viele wie im Vorjahr.

Als frühere Kolonialmacht hat Frankreich noch immer enge Beziehungen zu dem Nahostland. Der französische General Henri Gouraud hatte am 1. September 1920 den Großlibanon ausgerufen. Der neu gegründete Staat stand unter französischem Mandat und wurde erst 1943 unabhängig/cb/jot/DP/jha