Von Steffen Gosenheimer

FRANKFURT (Dow Jones)--Nach dem sehr schwachen Start in die Woche setzen die europäischen Börsen am frühen Dienstag zu einer Erholung an, die aber auf wackligen Beinen steht. Rückenwind kommt von den Futures auf die US-Aktienindizes, die auf eine Erholung an der Wall Street hindeuten. Dort war am Montag wegen eines Feiertags nicht gehandelt worden. Der DAX holt 0,7 Prozent auf 12.851 Punkte auf, der Euro-Stoxx-50 verbessert sich um ein halbes Prozent.

Beherrschendes Thema bleibt weiter die Energiekrise. Daran ändert nichts, dass nach einem Stresstest nun beschlossen wurde, zwei Atomkraftwerke in Deutschland bis ins Frühjahr 2023 als Notreserve bereitstehen zu lassen und nicht zum Ende des Jahres, wie eigentlich geplant, abzuschalten.

Für etwas Erleichterung sorgt die Entwicklung beim Gaspreis. Nachdem Gazprom am Freitagabend angekündigt hatte, bis auf Weiteres kein Gas mehr durch Nord Stream 1 zu liefern -offiziell wegen eines Lecks, war der Preis am Montag in der Spitze um über 30 Prozent nach oben geschossen und letztlich 17 Prozent höher aus dem Handel gegangen. Aktuell zeigt die Tendenz weiter nach unten, der Preis fällt um über 9 Prozent auf gut 220 Euro je Megawattstunde.


   Was liefert die EZB: 50 oder 75 Basispunkte? 

Derweil rückt der mit Spannung erwartete Zinstermin der EZB am Donnerstag immer näher. Die Erwartungen des Marktes sind geteilt, sowohl für eine Erhöhung um 50 als auch 75 Basispunkte ließen sich gute Gründe anführen, heißt es im Handel. Während die drohende Rezession für kleine Zinsschritte spreche, wäre wegen der exorbitanten Inflation aber eher ein großer Schritt angemessen.

Am Anleihemarkt waren die Renditen am Montag deutlich gestiegen und steigen aktuell weiter, wenn auch nur leicht. Dahinter dürften Spekulationen über einen doch eher größeren Zinsschritt stehen. Eine Argumentation lautete am Vortag, weil eine Rezession ohnehin kaum zu vermeiden scheine, dürfte die EZB nur ein kleines Zeitfenster für höhere Zinsen haben zur Bekämpfung der Inflation und dieses daher umso entschlossener nutzen. Die deutsche Zehnjahresrendite ist seit Freitag von 1,51 auf 1,60 Prozent gestiegen. Der Euro ist weiter auf Erholungskurs und nähert sich nach einem fast 20-Jahrestief am Vortag wiederder Parität zum Dollar.

Der Rückgang der deutschen Auftragseingänge um 1,1 Prozent zum Vormonat passt in das Rezessionsszenario. Chef-Volkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank erwartet schwere kommende Monate. Der Stopp russischer Gaslieferungen mache eine Energierationierung wahrscheinlich. "Selbst Unternehmen die bislang noch guter Dinge waren, bekommen in solch einem Umfeld dann doch noch kalte Füße. Investitionen werden zurückgestellt, was den Auftragseingang belastet".

Konjunkturseitig kommen am Nachmittag Daten aus den USA, allen voran der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungsbereich. Am Montag waren die Revisionen der entsprechenden Einkaufsmanagerindizes der Eurozone schwach ausgefallen.


   Wieder Streik bei Lufthansa 

Bei der Lufthansa spitzt sich der Tarifkonflikt mit den Piloten zu. Die Piloten-Gewerkschaft Vereinigung Cockpit hat ab Mittwoch Streiks im Passagier- und Frachtgeschäft angekündigt. Die könnten allerdings noch verhindert werden, wenn es bei einem Verhandlungstermin am Dienstag Erfolge geben sollte. Lufthansa legen mit dem breiten Markt rund 1 Prozent zu.

Dass VW die Sportwagentochter Porsche AG Ende September/Anfang Oktober an die Börse bringen will, sorgt für einen positiven Impuls, wenngleich dies weitgehend so schon erwartet wurde. Der Börsengang dürfte einer der größten der vergangenen Zeit in Europa werden. Nach den deutlichen Einbußen mit dem gesamten Autosektor am Vortag liegen VW 2,8 Prozent im Plus, der Kurs der Porsche Holding liegt 0,7 Prozent höher.

Der Stoxx-Autoindex erholt sich um 2 Prozent von dem über 4-prozentigen Vortagesminus. Als einziger Sektor im Minus liegen die Öl- und Gaswerte (-0,7%)

Keine Überraschung ist, dass Siemens Energy (+2,6%) nach halbjähriger Abstinenz zum 19. September wieder in den DAX aufsteigt. Die Entscheidung wurde wie diverse weitere Änderungen in der DAX-Familie am späten Montag verkündet. Platz machen muss dafür die Aktie des Kochboxenanbieters Hellofresh. Die schwer gebeutelte Aktie gewinnt dennoch 4,7 Prozent. Sie liegt im Fahrwasser von Delivery Hero (+7%), die von einer Kaufempfehlung getrieben werden.

Nach den dramatischen Kursverlusten wegen der Gaskrise verliert die Uniper-Aktie (+2,4%) im Zuge der Indexänderungen ihren Platz im MDAX und steigt in den Kleinwerteindex SDAX ab.

Nach einer Gewinnwarnung verliert die Aktie der Optikerkette Mister Spex über5 Prozent.


 
Aktienindex              zuletzt        +/- %     absolut  +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50           3.508,70        +0,5%       18,69     -18,4% 
Stoxx-50                3.506,99        +0,2%        5,85      -8,2% 
DAX                    12.851,35        +0,7%       90,57     -19,1% 
MDAX                   25.116,51        +1,8%      447,22     -28,5% 
TecDAX                  2.924,69        +0,7%       20,51     -25,4% 
SDAX                   11.758,85        +1,2%      140,73     -28,4% 
FTSE                    7.315,24        +0,4%       27,81      -1,3% 
CAC                     6.117,68        +0,4%       24,46     -14,5% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                  absolut    +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite       1,59                    +0,04      +1,77 
US-Zehnjahresrendite        3,26                    +0,06      +1,75 
 
 
DEVISEN                  zuletzt        +/- %    Di, 8:40  Mo, 17:11    % YTD 
EUR/USD                   0,9979        +0,3%      0,9960     0,9924   -12,2% 
EUR/JPY                   141,35        +1,1%      140,59     139,46    +8,0% 
EUR/CHF                   0,9775        +0,4%      0,9754     1,0191    -5,8% 
EUR/GBP                   0,8609        +0,0%      0,8603     0,8622    +2,5% 
USD/JPY                   141,63        +0,8%      141,18     140,53   +23,0% 
GBP/USD                   1,1592        +0,3%      1,1576     1,1509   -14,3% 
USD/CNH (Offshore)        6,9566        +0,2%      6,9498     6,9421    +9,5% 
Bitcoin 
BTC/USD                19.916,98        +0,8%   19.850,45  19.899,55   -56,9% 
 
 
 
ROHOEL                   zuletzt  VT-Settlem.       +/- %    +/- USD    % YTD 
WTI/Nymex                  89,11        86,87       +2,6%      +2,24   +25,6% 
Brent/ICE                  95,58        95,74       -0,2%      -0,16   +29,3% 
GAS                               VT-Settlem.                +/- EUR 
Dutch TTF                 227,00       245,93       -7,7%     -18,93  +292,6% 
 
METALLE                  zuletzt       Vortag       +/- %    +/- USD    % YTD 
Gold (Spot)             1.715,85     1.712,14       +0,2%      +3,71    -6,2% 
Silber (Spot)              18,42        18,21       +1,2%      +0,21   -21,0% 
Platin (Spot)             857,85       852,95       +0,6%      +4,90   -11,6% 
Kupfer-Future               3,47         3,42       +1,3%      +0,05   -21,8% 
 
YTD bezogen auf Schlussstand des Vortags 
 

DJG/gos/cbr

(END) Dow Jones Newswires

September 06, 2022 03:47 ET (07:47 GMT)