Berlin (Reuters) - Deutschland hat die Omikron-Welle nach Einschätzung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bislang "gut unter Kontrolle".

Dennoch rechne er damit, dass die Zahl der täglichen Neuinfektionen auf bis zu 400.000 steigen könnte, sagte Lauterbach am Freitag in Berlin. Es gehe jetzt vor allem darum, die älteren Ungeimpften so zu schützen, dass Erkrankte nicht auf der Intensivstation landeten. Dies sei vor allem deshalb wichtig, weil Deutschland eine vergleichsweise hohe Zahl an ungeimpften Älteren habe, viermal so viele wie England und dreimal so viele wie Italien.

Auch der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, wies auf die Bedeutung der Krankheitslast in der gegenwärtigen Phase der Pandemie hin. Zwar steige die Zahl der Infektionen. Die Zahl der sehr schweren Fälle sei aber relativ gering, sagte Wieler bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Lauterbach. "Wir gewinnen mit jedem Tag Zeit", sagte er mit Blick auf zusätzliche Impfungen. Man steuere nun auf den Höhepunkt der Welle zu. Jetzt müsse noch stärker der Schutz der Risikogruppen in den Mittelpunkt rücken.

Die Lage auf den Intensivstationen in Deutschland ist nach den Worten des Intensivmediziners Christian Karagiannidis noch "akzeptabel". Derzeit seien bundesweit etwas mehr als 2000 Menschen betroffen, sagte das Mitglied des Expertenrats der Bundesregierung auf derselben Pressekonferenz. Es sei zu beobachten, dass die Zahl der Delta-Patienten abnehme. Seit sieben bis zehn Tagen gehe die Zahl der Neuaufnahmen in den Krankenhäusern aber wieder leicht nach oben. Dies sei klar auf Omikron zurückzuführen.

LAUTERBACH: VERKÜRZUNG VON GENESENEN-STATUS "SINNVOLL"

Die Entscheidung des RKI, die Gültigkeit des Genesenen-Status von sechs auf drei Monate zu verkürzen, verteidigte Lauterbach. Dies sei "sinnvoll". Menschen, die mit der Omikron-Variante infiziert seien, seien zwar immun. Die Immunität halte aber nicht mehr so lange an. Die Kommunikation der Neuregelung hätte aber besser verlaufen können, räumte der Minister ein. Das RKI und Wieler hätten aber nicht eigenmächtig gehandelt. Lauterbach betonte, es sei wichtig, sich jetzt boostern zu lassen, auch wenn der spezifische Impfstoff gegen die Omikron-Variante noch nicht erhältlich sei. Der vorhandene Impfstoff sorge dafür, dass das Todesrisiko bei Omikron um 99 Prozent sinke.

Lockerungen hält Lauterbach zum gegenwärtigen Zeitpunkt für falsch. Dies sei erst nach dem Höhepunkt der Omikron-Welle möglich. Man habe eine Lockerungsperspektive für die zweite Februar-Hälfte oder Anfang März. Das sei möglich, wenn die Omikron-Welle mit wenigen schweren Krankheitsfällen weiter unter Kontrolle bleibe. Zugleich kündigte der Minister eine neue Testverordnung in Zusammenarbeit mit den Ländern für nächste Woche an. Die PCR-Tests würden danach vorrangig für zwei Gruppen reserviert: das Pflegepersonal und Risikopatienten wie alte Menschen.

Für Freitag meldete das RKI 190.148 Positiv-Tests binnen 24 Stunden. Das sind 49.988 Fälle mehr als am Freitag vor einer Woche. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz steigt auf einen neuen Höchstwert von 1073,0 verglichen mit 1017,4 am Donnerstag. 170 Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Damit erhöht sich die Zahl der gemeldeten Todesfälle auf 117.484. Insgesamt fielen in Deutschland bislang mehr als 9,42 Millionen Corona-Tests positiv aus.