DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Im Kampf gegen die Corona-Pandemie müssen aus Sicht des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) bundesweit wieder strengere Kontaktverbote eingeführt werden. Einen Tag vor den neuen Bund-Länder-Beratungen mahnte er am Dienstag nach einer Sitzung seines Kabinetts in Düsseldorf: "Die Lage ist sehr sehr ernst." Jetzt sei "eine effektive Corona-Bremse" nötig - aber mit einer klaren zeitlichen Begrenzung.

Es sei erwiesen, dass der weit überwiegende Teil der Neuinfektionen auf die private Lebenswelt zurückzuführen sei - Treffen mit Freunden, Verwandten und Bekannten. In der zweiten Corona-Welle sollten daher Treffen auf das gesellschaftlich notwendige Maß beschränkt werden. "Ansonsten müssen alle privaten, sozialen Kontakte, alle privaten Feiern abgesagt werden."

Das solle auch in privaten Wohnungen gelten. Allerdings müsse das Grundrecht auf Unverletztlichkeit der Wohnung weiter respektiert werden, sagte Laschet auf Fragen zu staatlichen Kontrollen in diesem Bereich. Treffen in Wohnungen sollten aber "einfach unterbleiben".

Jeder Einzelne müsse jetzt dazu beitragen, das Virus einzudämmen und solidarisch die Regeln befolgen. Ausgangssperren wolle er aber nicht. "Wer spazieren geht, wer an der frischen Luft ist, erzeugt kein Problem."

Eine Zahl zur Begrenzung von Kontakten nannte Laschet nicht. Auch zu möglichen weiteren Beschränkungen für die Gastronomie und den Sport äußerte sich der CDU-Bundes-Vize nicht konkret. "Ich will nicht vorgreifen, weil mir dieser Konsens morgen extrem wichtig ist." Es müsse am Mittwoch eine starke gemeinsame Antwort der 16 Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin geben.

"Der November ist der Monat der Entscheidung", sagte Laschet. Jetzt müssten konsequent Maßnahmen ergriffen werden, um einen zweiten Lockdown mit weitreichenden Einschränkungen für das gesamte öffentliche Leben zu verhindern. "Die Folgen wären Schäden für Bildungschancen von Kindern und wirtschaftliche Schäden, die jene aus dem Frühjahr noch übertreffen würden." Kitas, Schulen und die Wirtschaft dürften nicht eingeschränkt werden.

Dem Vorschlag von CDU-Vize Thomas Strobl nach einem einwöchigen Corona-Lockdown in Deutschland erteilte er eine Absage. "Ich glaube, ein kompletter Lockdown für wenige Tage hat all die Schäden (...) in potenzierter Weise. Und niemand kann garantieren, dass nach sieben Tagen die Lage besser ist." Das Ziel sei "Entschleunigung", damit die Menschen in eine "entspanntere Advents- und Weihnachtszeit" gehen könnten.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) mahnte: "Wir können nicht ausschließen, dass wir zum Jahresende an den Grenzen des Gesundheitssystems ankommen könnten." In NRW fielen immer mehr Corona-Tests positiv aus. In der vergangenen Woche seien von 325 000 Tests 6,6 Prozent positiv gewesen - bislang habe diese Quote immer bei etwa 2,5 Prozent gelegen.

Derzeit verdoppele sich die Zahl der Infizierten alle acht bis neun Tage. "Das geht immer schneller." Jeder Corona-Patient in NRW stecke rein rechnerisch 1,5 weitere Menschen an. "Das macht mir besonders Sorgen", betonte Laumann.

Derzeit seien in NRW fast 32 000 Menschen mit Corona infiziert. Auf 100 000 Einwohner und sieben Tage kommen nach Zahlen des Robert Koch-Institut fast 117 Neuinfizierte in NRW. Damit liegt das Land weit über dem Bundesdurchschnitt (87). In Kommunen gilt 50 schon als hohe Warnschwelle, die dort verschärfte Einschränkungen nach sich zieht.

Laschet kündigte verstärkte Polizeikontrollen zur Einhaltung der Corona-Regeln an. In die Bund-Länder-Beratungen zieht er mit einem Fünf-Punkte-Katalog: Neben den Kontaktbeschränkungen forderte er besonderen Schutz für verletzliche Bevölkerungsgruppen. Das bedeute etwa Vorrang für Schnelltests und beschleunigte Kontaktverfolgung in Altenheimen. Dort seien effektivere Atemschutzmasken des Standards FFP2 zur Verfügung zu stellen.

Außerdem müsse der Staat denen, die durch die Corona-Schutzmaßnahmen besonders gebeutelt seien, finanzielle Entschädigung zahlen. Das gelte auch für den Kulturbereich, der stark unter den personellen Beschränkungen leide, betonte Laschet. "Entscheidend ist, dass wir schnell entschädigen, damit die Einrichtungen am Ende noch da sind."

Für das religiöse Leben strebe er an, in den nächsten Tagen in Gesprächen mit den großen Kirchen eine freiwillige Selbstverpflichtung zu erzielen, die dann auch für kleinere Gemeinschaften, die nicht unterzeichnet hätten, gelten solle.

"Wir brauchen Regeln, die für die Bürger Planungssicherheit und für die Behörden Rechtssicherheit schaffen", sagte Laschet. "Beschlüsse, die niemand nachvollziehen kann, schwächen die Akzeptanz."

Auch im Sportbereich müssten aus Gründen der Fairness einheitliche Regeln für ganz Deutschland gefunden werden. Laumann sagte, seiner Meinung nach sollte die Bundesliga ohne Zuschauer spielen./beg/DP/he