BERLIN (dpa-AFX) - Vor der ersten Sitzung der neuen Unionsfraktion im Bundestag zeichnet sich eine Zerreißprobe um die Wiederwahl des amtierenden Vorsitzenden Ralph Brinkhaus (CDU) ab. Aus einer Gruppe von etwa einem Dutzend Unions-Abgeordneter, die seit 2017 im Parlament sind (Gruppe 17), erhielt Brinkhaus am Dienstag nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin deutliche Unterstützung für sein Ziel, sich wie üblich für ein volles Jahr bestätigen zu lassen.

Aus der baden-württembergischen CDU hieß es dagegen nach Gremienberatungen, Brinkhaus solle unter keinen Umständen regulär gewählt werden. Die Sitzung soll um 17.00 Uhr beginnen.

CDU-Chef Armin Laschet hatte am Montag nach Beratungen der Spitzengremien seiner Partei erklärt, er habe vorgeschlagen, dass Brinkhaus "in der Phase dieser Koalitionsverhandlungen" Fraktionschef sein solle. Demnach sollte Brinkhaus kommissarisch bis zur konstituierenden Sitzung des Bundestages am 26. Oktober im Amt bleiben - was dieser aber empört ablehnte.

In der Unionsfraktion wurde befürchtet, dass es Gegenkandidaturen geben könnte und die Union so nur zwei Tage nach ihrer desaströsen Niederlage bei der Bundestagswahl ein Bild der Zerrissenheit abgeben könnte.

Aus der Gruppe 17 hieß es, Brinkhaus habe als Fraktionsvorsitzender gute Arbeit gemacht und müsse wie vorgesehen regulär für ein Jahr gewählt werden.

Zugleich wurde vor einem Machtkampf in der Fraktion gewarnt. "Das wäre das völlig falsche Signal nach außen, zumal Ralph Brinkhaus auch nicht die Verantwortung für das schlechte Abschneiden der CDU auf Bundesebene trägt", hieß es.

Mit Blick auf Laschet wurde betont, dieser trage als Kanzlerkandidat einen großen Teil der Verantwortung für das Wahlergebnis. Aber auch die Wahlkampagne habe zu wünschen übrig gelassen. Und an der Geschlossenheit in der Partei habe es gemangelt.

Nach den schweren Verlusten der Union bei der Bundestagswahl am Sonntag kommt die geschrumpfte CDU/CSU-Fraktion zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. In der neuen Fraktion sitzen 196 Abgeordnete - statt 246 wie noch in der vergangenen Legislaturperiode. Die Union war am Sonntag auf ein historisch schlechtes Ergebnis von 24,1 Prozent gestürzt, nach 32,9 Prozent 2017./bk/DP/men