BERLIN (dpa-AFX) - Übergangs-Chefin Katrin Vernau wird nicht die künftige RBB-Intendantin. Eine Woche vor der Wahl bei dem krisengebeutelten ARD-Sender scheiterte im Rundfunkrat der Versuch, die 50-Jährige für die Wahl doch noch zuzulassen. Ein entsprechender Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt, wie Rundfunkratschef Oliver Bürgel mitteilte. Regine Auster, die für Naturschutzverbände in Berlin und Brandenburg im Rundfunkrat sitzt, hatte diesen eingebracht.

Damit bleibt es bei drei Kandidatinnen und einem Kandidaten. Interims-Intendantin Vernau hatte sich anders als diese vier nicht beworben, die Bewerbungsfrist lief Ende April ab. Sie hatte aber in Interviews und durch öffentliche Aussagen durchblicken lassen, dass sie den Job weitermachen würde. In den vergangenen Wochen blieb offen, ob Vernau doch noch ins Rennen einsteigen könnte. In der Sitzung am Donnerstag erklärte sie in einer Rede, warum sie sich nicht beworben hatte. Unter anderem sagte sie: "Meine Bewerbung ist nach meinem Verständnis die in den letzten acht Monaten geleistete Arbeit."

Die 50-Jährige war im Herbst vom größten ARD-Sender WDR, wo sie Verwaltungsdirektorin war und ein Rückkehrrecht hat, zum Rundfunk Berlin-Brandenburg gekommen, um den ARD-Sender aus der Krise zu führen. Sie legte ein Einsparprogramm in Millionenhöhe auf und ließ im Haus Details rund um den Skandal prüfen.

Vernau teilte am Abend nach ihrem Wahl-Aus mit: "Der Rundfunkrat hat heute für klare Verhältnisse für die Wahl in der kommenden Woche gesorgt. Das ist eine wichtige Nachricht für alle Beteiligten, auch für die Mitarbeitenden im RBB." Sie respektiere die Entscheidung, sei "zwar nicht fröhlich, aber ohne Groll". Die Senderchefin teilte weiter mit: "Wir werden in den kommenden Wochen weiter an den notwendigen Veränderungen und der Neuausrichtung des Senders arbeiten." Und: "Noch ist also nicht die Zeit des Abschieds, es gibt bis dahin genug zu tun."

Die Intendantenwahl ist notwendig geworden, weil der RBB im Sommer 2022 in eine tiefe Krise gestürzt war. Es waren Vorwürfe der Vetternwirtschaft und der Verschwendung gegen die damalige Intendantin Patricia Schlesinger und den Senderchefaufseher Wolf-Dieter Wolf aufgekommen. Schlesinger wurde fristlos entlassen. Beide wiesen die Vorwürfe zurück. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt, es gilt so lange die Unschuldsvermutung.

Am Donnerstagabend stellten sich die Bewerber vor dem Rundfunkrat vor, der sich aus verschiedenen Gruppen aus Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und weiteren Institutionen zusammensetzt und als Aufsichtsgremium fungiert. Das Gremium wählt den Intendanten oder die Intendantin am 16. Juni.

Die Vorstellung der Bewerber folgte der alphabetischen Reihenfolge. Auf der Kandidatenliste stehen: Heide Baumann (50, zuletzt Mitglied der Geschäftsführung von Vodafone Deutschland), Ulrike Demmer (50, von 2016 bis 2021 stellvertretende Sprecherin der vergangenen schwarz-roten Bundesregierung), Juliane Leopold (40, seit 2019 Chefredakteurin Digitales von ARD-aktuell) und Jan Weyrauch (55, Programmdirektor bei Radio Bremen).

Abseits des Wirbels um Vernau verlief das Bewerbungsverfahren auch aus einem anderen Grund nicht störungsfrei. Es geht um die Personalie Weyrauch, der erst nachträglich als Kandidat präsentiert wurde.

Hintergrund sind augenscheinlich Vorgespräche der Wahlkommission mit den Bewerbern um das Thema Gehalt gewesen. Der RBB-Verwaltungsratschef hatte das Thema eingebracht, weil der Rat nach der Wahl den Vertrag mit dem Intendanten oder der Intendantin aushandelt. Das Gremium diskutiert derzeit, das Niveau des Intendantengehalts künftig deutlich absenken zu wollen. Verwaltungsratschef Benjamin Ehlers sagte in der Sitzung, dass er sich persönlich eine Spanne von 180 000 Euro und 230 000 Euro für den Intendantenposten vorstellen könne. Das wäre deutlich unter dem jetzigen Niveau beim RBB und bei der ARD insgesamt. In Stein ist das aber noch nicht gemeißelt. Ehlers zufolge wollte man die Debatte im Rat den Bewerbern vorab spiegeln.

Der Wirbel um die Personalie Weyrauch wurde in den vergangenen Tagen öffentlich: Am Montag war die Kandidatenliste präsentiert worden, auf der zunächst die drei Frauen standen. Danach gab es innerhalb der Findungskommission Kritik, dass in den Vorgesprächen das Gehalts-Thema angesprochen worden sei und Weyrauch dann von der Kandidatenliste verschwunden sei. Am Mittwoch wurde die Bewerberliste dann um den ARD-Mann erweitert.

Von der Gremiengeschäftsstelle hieß es zur Erklärung: Weyrauch habe bereits zum Kandidatenkreis gehört, sei dann aber aufgrund unterschiedlicher Auffassungen über die Vertragskonditionen ausgeschieden. "Er hat dem Gremium heute (7.6.23) mitgeteilt, dass er trotz unveränderter Rahmenbedingungen nun doch für die Kandidatur zur Verfügung steht."/rin/DP/men